Aus für Mädchenrealschule:"Schlehdorf darf nicht sterben"

Lesezeit: 2 min

Die Schülerinnen und der Elternbeirat der katholischen Einrichtung kämpfen gegen die Entscheidung des Erzbischöflichen Ordinariats und erhält Unterstützung. Schwester Josefa spricht von einer Katastrophe.

Suse Bucher-Pinell

Am Tag eins nach der Hiobsbotschaft sitzen Entsetzen und Enttäuschung über die Schließung der Mädchenrealschule St. Immaculata in Schlehdorf noch tief. Schülerinnen stehen am Donnerstag nach Unterrichtsschluss in Grüppchen zusammen und haben nur ein Thema: die Nachricht, die am Vortag aus dem Erzbischöflichen Ordinariat München und Freising mitten in die letzen Abschlussprüfungen platzte und das überraschende Aus der Schule zum Schuljahresende 2017/18 verkündete.

"Hauptsache, die Schule bleibt!", haben die Schülerinnen der Schlehdorfer Mädchenrealschule plakatiert. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Grund: Die staatliche Knabenschule in Murnau wird für Mädchen geöffnet, für zwei Realschulen nah beieinander fehlten aber die Schüler. Der Widerstand gegen diese Pläne hat begonnen. "Wir tun alles dafür, dass die Schule erhalten bleibt", sagt Schülersprecherin Elisabeth Happ. Auch der Elternbeirat fordert: "Schlehdorf darf nicht sterben" und bekommt dabei Unterstützung von den Gemeinden Schlehdorf, Kochel am See und Großweil.

"Ich werde es nicht zulassen, dass in meiner Gemeinde dieses Schuljuwel platt gemacht wird", verspricht Bürgermeister Stefan Jocher. Nur die Lehrer bleiben stumm. Ihnen hat ihr Dienstherr, das Ordinariat, einen Maulkorb verpasst.

Die Schüler reden dagegen um so lieber, es ist ihnen geradezu ein Bedürfnis, ihrem Ärger und ihrer Enttäuschung Luft zu machen. "Die Schule muss überleben", sagt Lisa aus der fünften Klasse. Sie gehört zu dem Jahrgang, der 2018 als vorletzter seine Mittlere Reife an der katholischen Schule ablegen soll. Am Vormittag hat sie mit anderen Fünftklässlern bunte Plakate gemalt, die nun im Eingangsbereich hängen. "Denkt doch auch an uns", haben sie darauf geschrieben.

Oder: "Schule ist wichtig. Und Ihr nehmt uns das Wichtigste weg". Ergriffen erzählt Lisa, wie alle, von der fünften bis zur zehnten Klasse, an einem Strang zögen. Jeder überlege sich, was er tun könne. Die Schülersprecher haben einen Brief an die Eltern verfasst und Unterschriftenlisten mitgeschickt, die schon an vielen Orten ausliegen. Lisa will von Geschäft zu Geschäft gehen und für ihre Sache werben.

Dass das Ordinariat Fakten geschaffen hat, ohne vorher mit den Betroffenen zu reden, erzürnt nicht nur den Elternbeirat. "Schlehdorf ist keine Schule im klassischen Sinn, hier werden Werte vorgelebt", schreibt Vorsitzende Heidi Hofmann in einer Pressemitteilung. "Wir werden uns dafür einsetzen, dass es in Schlehdorf weitergeht", verspricht auch sie und lädt alle Eltern und Erziehungsberechtigten zu einer Versammlung an diesem Freitag von 19 Uhr an in die Turnhalle, um alle ausführlich zu informieren.

Nicht weniger überrumpelt wurden die Missionsdominikanerinnen, die Eigentümerinnen der Schulräume sind. Sie hatten über fast 60 Jahre die Mädchenschule aufgebaut, ehe sie diese an das Erzbistum übergaben, um den Fortbestand zu garantieren. Schwester Josefa, die die Schule mehr als 20 Jahre leitete und jetzt Ökonomin im Kloster ist, hat erst am Donnerstag offiziell vom Aus für die Schule erfahren.

Einen Tag vor einem lange vereinbarten Treffen der Schwestern mit Generalvikar Peter Beer, in dem es um zusätzliche Räume für die Schule gehen sollte. Jetzt werde der Tenor ein anderer sein: Wie geht es überhaupt weiter? "Es ist eine Katastrophe", sagt Schwester Josefa. "Emotional und natürlich auch wegen der Schule." Sie habe den Auftrag, christliche Werte zu vermitteln, wofür die Schwestern viele finanziellen Opfer gebracht und vor der Übergabe an das Ordinariat noch eine Million Euro investiert hätten. Mit der Aufgabe der Schule lasse das Ordinariat ein ganzes Gebiet verweisen. Die Schule hätten die Schwestern aus Kapazitätsgründen nie für Buben geöffnet. Ihnen sei es außerdem um "Frauenerziehung" gegangen, damit "wir gerade im Kirchenbereich gestandene Frauen bekommen".

Fünftklässlerin Lisa will jedenfalls noch nicht aufgeben und bleibt optimistisch: "Ich glaube, dass noch was draus wird."

© SZ vom 13.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: