Alternative Stromerzeugung:Tödliche Falle

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Die Fischer sind skeptisch gegenüber Schachtkraftwerken, weil darin Fische verletzt oder zerstückelt werden.

Von Matthias Köpf

Als lokaler Energieversorger habe man einen guten Draht zu den örtlichen Fischern und Naturschützern, sagt der Geschäftsführer der Tölzer Stadtwerke, Michael Hofmann. Das will er nutzen, wenn es darum geht, in einige Wehre im Oberland neuartige Schachtkraftwerke einzubauen und mit diesen dezentral Strom zu erzeugen. Den örtlichen Fischern liegt der Naturschutz an und in ihren Gewässern oft genau so am Herzen wie der eigene Fangerfolg. Sie setzten auch viele als eigene Beute unattraktive Fischarten ein, die sonst längst verschwunden wären. Was sie genau von der neuen Technologie halten sollen, die außerhalb eines Versuchsbeckens in Obernach am Walchensee bisher völlig unerprobt ist, wissen sie noch nicht.

Grundsätzlich sei man eher gegen neue Kraftwerke in den ohnehin weithin verbauten Flüssen, sagt etwa Nikolaus Schöfmann vom Bezirksfischereiverein Wolfratshausen, der auch im Fischereiverband Oberbayern für den Landkreis zuständig ist. Viele Fische würden in Kraftwerks-Turbinen regelrecht zerstückelt, andere gingen auch nach scheinbar kleineren Blessuren elend zugrunde. Stefan Greif vom Fischereiverein Lenggries äußert sich ähnlich. "Unsere Information ist, dass auch ein Schachtkraftwerk nicht fischfreundlich ist." Für Details verweisen beide Fischer an ihre Verbandsvertreter auf Bezirks- und Landesebene.

Der Landesfischereiverband hat sich mit den Schachtkraftwerken bereits auseinandergesetzt. Dort lehnt man auch diese neue Technologie ab, von der Hofmann erwartet, dass eine geringere Strömungsgeschwindigkeit und eine niedrigere Turbinendrehzahl zumindest kleinere Fische unverletzt passieren lasse. Manfred Ache vom Landesfischereiverband glaubt daran nach eigenen Worten nicht und befürchtet vielmehr, dass auch in einem Schachtkraftwerk bis zu einem Drittel der kleineren Fische den Tod finden wird. Für größere Fische gelten auch die Rechen als Falle, die sie eigentlich von den Turbinen fernhalten sollen.

Jenseits der Gewinnerwartungen von Betreibern wie den Tölzer Stadtwerken stellt Manfred Ache in Frage, dass sich so kleine Kraftwerke überhaupt lohnen. Denn von 4200 bayerischen Wasserkraftwerken leisteten nur acht Prozent mehr als ein Megawatt. Diese acht Prozent erzeugten zusammen aber 92 Prozent des gesamten Wasserkraft-Stroms. Aus Sicht des Klimaschutzes fielen kleinere Anlagen also kaum ins Gewicht und richteten bei den Fischen mehr Schaden an, als sie für die Energiewende nützten, sagt Ache.

Der Energiewende sieht sich auch der Bund Naturschutz verpflichtet, weshalb sich dessen Kreisvorsitzender Friedl Krönauer bei dem Thema hin- und hergerissen zeigt. Er hat die Versuchsanlage in Obernach besucht und hält die Technik für relativ verträglich. Ihn und die Fischer eint eine Hoffnung: Wenn eine neue Anlage gebaut wird, so ist auch eine Fischtreppe vorgeschrieben, die das jeweilige Wehr für Fische auch flussaufwärts wieder passierbar machen soll.

© SZ vom 02.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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