Wohnungsnot:"Alles dauert zu lang"

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Aribert Wolf will die Verwaltung neu aufteilen

Interview: Felix Berth

SZ: Die Initiativen der Parteien klingen so, als hätten sie bald alles im Griff. Überschätzen Sie den Einfluss der Politik auf den Wohnungsmarkt?

Wolf: "Die Situation hat sich schon länger abgezeichnet" (Foto: Foto: Klaus Brenninger)

Aribert Wolf: Ich will nicht antworten, dass es wie in der Chaostheorie ist, wo der Flügelschlag eines Schmetterlings irgendwo einen Wirbelsturm auslöst. Aber in der Wohnungspolitik können kleine Weichenstellungen der Politik große Wirkungen haben, weil private Investoren genau darauf achten. Das betrifft Grundstücksverkäufe durch die Stadt, die steuerlichen Rahmenbedingungen und das Ausweisen von Baurecht.

SZ: Aber die zentralen Entscheidungen treffen Investoren, Käufer und Vermieter.

Wolf: Doch wir können finanzielle Anreize schaffen. Das hat man in den neuen Bundesländern gesehen, wo auf dem Wohnungsmarkt viel entstanden ist. Und man kann durch das Baurecht festlegen, in welchen Größenordnungen ein Grundstück bebaut werden kann.

SZ: Der Ring Deutscher Makler sagt, Zyklen auf dem Wohnungsmarkt seien typisch und unvermeidlich.

Wolf: Die Frage ist, wie Politik solche "Schweinezyklen" glätten kann. Natürlich haben wir zurzeit eine ökonomisch günstige Situation, in der viele Leute bereit sind, für ihre Wohnung mehr Geld auszugeben.

Da muss man sich fragen: War das absehbar oder nicht? Ich meine, es war absehbar. Wer gesehen hat, wie sich viele Firmen im Umland angesiedelt haben, wusste, dass es auf dem Wohnungsmarkt bald eng wird. Im Rathaus wurde der Markt zu wenig beobachtet.

SZ: Noch vor ein, zwei Jahren waren die Mieten in München moderat, und kein Investor wollte bauen. Dass das so schnell anders würde, konnte auch die CSU nicht vorhersagen.

Wolf: Die Situation hat sich schon länger abgezeichnet. Dies ist von den politisch Verantwortlichen nicht im ausreichenden Umfang beachtet worden. Das müssen wir uns als CSU auch entgegenhalten lassen, doch wir als Partei

SZ: Nach Ihrem Vorschlag soll der Apparat anders werden. Sie fordern ein neues Referat für Wohnungspolitik. Das ist doch nur ein symbolischer Akt.

"Wir brauchen jemanden, der schnell reagieren kann"

Wolf: Mit Sicherheit nicht. Wir brauchen jemanden, der den Wohnungsmarkt mit Fachkenntnis begleitet, damit man schnell reagieren kann, wenn sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt zuspitzt. Sonst dauert das verwaltungsintern alles viel zu lang.

SZ: Sie reden, als gäbe es kein Planungsreferat, kein Sozialreferat und kein Kommunalreferat.

Wolf: Natürlich arbeiten heute schon Leute an diesen Themen. Aber wenn die Themen in unterschiedlichen Referaten angesiedelt sind, dauern die Prozesse zu lang und der Informationsausstausch ist nicht zufriedenstellend. Was weiß denn heute das Planungsreferat über die Situation am Sozialwohnungsmarkt?

SZ: Für München wollen Sie ein Abschreibungsmodell analog zu dem in den neuen Bundesländern. Dort hat es nicht sonderlich gut funktioniert.

Wolf: Man weiß: Wenn der Bund solche Steuererleichterungen gewährt, reagiert der Markt. Dann nehmen Leute Geld in die Hand und investieren in den Wohnungsbau. Natürlich ist das in Berlin oder in Leipzig zurzeit nicht wichtig - in München aber umso mehr. Also müsste man Gebiete definieren, in denen es für Wohnungsbau solche Steuererleichterungen gibt.

SZ: Sie fordern die Stadt auch auf, Bauland billiger abzugeben. Da werden alle Investoren sagen: "Prima Idee".

Wolf: Ich will ja nicht, dass die Investoren dadurch höhere Gewinne machen. Deswegen soll ihnen die Stadt Grundstücke nur billiger verkaufen, wenn sie entsprechende Verpflichtungen eingehen, wenn sie also weniger Miete verlangen.

"Die Einkommensgrenzen sind für München zu niedrig"

SZ: Genau dieses Modell gibt es seit vierzig Jahren. Es nennt sich "sozialer Wohnungsbau".

Wolf: Aber im sozialen Wohnungsbau habe ich Einkommensgrenzen, die für München viel zu niedrig sind. Was ich fordere, ist ein Modell, das auch Mieter erreicht, deren Einkommen über diesen Grenzen liegt.

SZ: Vom Freistaat fordern Sie, dass die Mittel für sozialen Wohnungsbau auf Ballungsräume wie München konzentriert werden. Da werden Sie mit der CSU vom flachen Land Probleme bekommen.

Wolf: Da haben wir durchaus Schwierigkeiten, weil man uns entgegen hält, dass die Stadt sowieso schon stark gefördert wird. Wir haben aber auch gute Argumente: Wenn man nur noch wenig Geld zur Verfügung hat, muss man es dort einsetzen, wo es brennt.

Und der Wohnungsmarkt in München ist zurzeit einfach der problematischste in ganz Bayern. Bei der Durchsetzung meiner Forderung wünsche ich mir deshalb auch die Unterstützung von Rot-Grün.

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