WM 2006:München reklamiert Foulspiel

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Das Super-Stadion, das zentrale Medienzentrum für Journalisten aus aller Welt, das Eröffnungsspiel der Fußball-WM 2006 mit der deutschen Nationalmannschaft - die Euphorie war groß in München. Jawohl, war.

Von Alfred Dürr

Zwei Jahre vor dem Anstoß hat sich jetzt Ernüchterung, sogar Enttäuschung und Frust bei den Fans und den Stadtpolitikern breit gemacht. Es geht um mehr als nur den Beschluss von Teamchef Jürgen Klinsmann, nicht mit der Nationalmannschaft beim Eröffnungsspiel in der Allianz-Arena anzutreten.

Die Euphorie in Erwartung auf die Fußball-WM 2006 ist in München inzwischen ein wenig verflogen. (Foto: Foto: sueddeutsche.de)

Laut OB Ude wird die Eröffnungsfeier in München zum rein protokollarischen Akt degradiert, die große Sause findet in Berlin statt. Ursprünglich war 2005 auch ein großer Testlauf für die WM, der Confederations Cup, in München geplant.

Zu Beginn des Sommers hat dann der Fußball-Weltverband Fifa verkündet, dass die so genannte kleine Weltmeisterschaft in den Arenen von Nürnberg, Frankfurt, Hannover, Köln und Leipzig stattfinde. Immerhin wäre der Cup eine gute Möglichkeit für München gewesen, die gesamte WM-Infrastruktur zu prüfen und eventuelle Fehler rechtzeitig zu beseitigen.

Im Frühjahr 2005 soll das Stadion in Fröttmaning spielbereit sein. Statt der Nationalmannschaften laufen dann der FC Bayern und die Löwen an der neuen Spielstätte auf.

Jedes WM-Stadion nun mit eigenem Medienzentrum

Auch das mit so großer Hoffnung gebaute Medienzentrum bei der Messe in Riem wird nicht jene Hauptrolle haben, die man ihm ursprünglich zugemessen hat. Denn nun soll jedes WM-Stadion in Deutschland sein eigenes dezentrales Medienzentrum bekommen.

Das heißt also, dass der Standort München während der Spiele weit weniger in der Berichterstattung vorkommt als gedacht. Allerdings dürfte das Medienzentrum in Riem immer noch einiges zur Imageförderung der Stadt und des Landes beitragen. Statt der erwarteten 20.000 Journalisten sollen nun immerhin noch 12.000 nach München kommen.

Bei der Messe läuft alles nach Plan: Für das Medienzentrum ist die schon bestehende Halle C 3 ausgebaut und eine neue Halle C 4 errichtet worden. Ein eigenes Eingangsgebäude ist im Norden entstanden. Im Dezember soll alles fertig sein.

Bis zur Nutzung als Medien-Stützpunkt finden dort Ausstellungen statt. 90 Millionen Euro investiert die Messe - und sie könnte sich dann weltweit als Einrichtung mit modernster Infrastruktur präsentieren.

Eins zu null für München hieß es einst

Was war das damals für eine Riesenfreude bei der Münchner Delegation, als im März 2002 der Beschluss verkündet wurde, dass das Medienzentrum komplett nach Riem kommt. Eins zu null für München, jubelte man, noch bevor die Weltmeisterschaft überhaupt begonnen hatte: Die Wirtschaft wird angekurbelt, die Werbewirkung für Deutschland, Bayern, München ist gigantisch.

OB Christian Ude ist normalerweise kein Mensch, der seine schlechte Laune zum Markt trägt. Aber jetzt macht er keinen Hehl aus seiner Enttäuschung: "Was hier passiert, ist wirklich alles andere als erfreulich."

Schon wahr, es gab Zusagen und Versprechungen, aber keine Verträge - und der OB kann sie also auch nicht einklagen. Er kann nur an die Versprechungen erinnern - was er jetzt auch in einem Brief an die Fußball-Mächtigen in Deutschland und auf internationaler Ebene eindringlich getan hat.

Er wolle andere Nationen überhaupt nicht kritisieren oder deren Spielqualitäten herab würdigen, so Ude zur SZ, aber die Bevölkerung in Deutschland habe ein Recht darauf, dass ihre Nationalmannschaft beim Eröffnungsspiel in München aufläuft: "Schließlich haben die Bürger zum Beispiel mit ihrem Steuergeld auch genug für die Erschließung der Stadien bezahlt."

Noch ist für ihn nicht aller Tage Abend. Ude will weiter intensive Lobbyarbeit für München betreiben. "Ich nehme persönlichen Kontakt mit den Fußball-Funktionären auf", verrät er und vertraut auf seine Überzeugungskraft im Vier-Augen-Gespräch.

© SZ vom 15.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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