"Wir haben den Eindruck, dass es sehr gut läuft":Regenschirm und Flip-Flops

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Auch ohne Fußball-WM und Papstbesuch drängen sich Touristen aus aller Welt in der Stadt. Trotz des bescheidenen Wetters steht München vor Besucherrekorden.

Anna Pataczek

Auch ohne Ausflugswetter ist der Marienplatz in diesen Tagen voller Menschen - ein untrügliches Zeichen dafür, dass viele Touristen in der Stadt sind. Denn ihnen bleibt nichts anderes übrig als auch bei widrigen Wetterumständen das Urlaubsprogramm durchzuziehen. Zwar ist es noch zu früh für August Bilanz zu ziehen, so Else Gebauer vom Tourismusamt. "Aber wir haben den Eindruck, dass es sehr gut läuft."

Die Zahl der Übernachtungen für den gesamten Sommer erwartet die Stadt mit Spannung, vor allem im Hinblick auf das vergangene Jahr, in dem die Fußballweltmeisterschaft und der Papstbesuch im September für einen hervorragenden Jahresabschluss sorgten. 2006 war das bisher erfolgreichste Jahr in der Geschichte des Münchner Fremdenverkehrs.

9,8 Millionen Übernachtungen schlugen zu Buche. "Nach einem Großereignis gibt es im darauffolgenden Jahr häufig Einbrüche", sagt Else Gebauer. Die bisherigen Zahlen können einen Abwärtstrend allerdings nicht bestätigen. Von Januar bis Mai 2007 ist die Zahl der Übernachtungen sogar um 9,3 Prozent gestiegen.

Auch wenn es im Stadtbild den Anschein hat: Der Anstieg kommt nicht durch die vielen Gäste aus arabischen Ländern. "Diese Gruppe fällt nur einfach am meisten auf, ist aber nicht die größte", sagt Else Gebauer. Weiterhin führen Touristen aus den USA die Spitze des Nationalitätenrankings an. Nach einer Statistik des Tourismusamts kamen von Jahresanfang bis Mai rund 299700 Amerikaner in die Stadt, aus den arabischen Golfstaaten dagegen nur rund 35100 Gäste.

Italiener sind weiterhin die zweitstärkste Gruppe in der Stadt. "Außerdem sind viele Japaner und Russen da", sagt die Tourismusamt-Sprecherin. Für den Münchner Fremdenverkehr ist der August erfahrungsgemäß nicht die beste Zeit, sagt Else Gebauer. Das ist alljährlich der September wegen des Oktoberfests.

Auch dieses Jahr zeichnet sich das ab. Zum ersten Wiesn-Wochenende werde die Stadt sehr voll werden, prognostiziert Gebauer. Es kommen nämlich Großereignisse zusammen: Während die Rockband The Police im Olympiastadion vor zehntausenden Fans auftreten wird, boxt gleichzeitig Vitali Klitschko gegen Jameel McCline in München.

Dass sich München auch bei Regen wie die nördlichste Stadt Italiens anfühlt, findet Familie Bornholdt aus Schwerin. Sie will einen Tag in der Residenz verbringen. Die sei so toll, da brauche man gar nicht nach Florenz zu fahren, schwärmen die Bornholdts. In geschlossenen, goldenen Prunkräumen lässt sich auch leichter vergessen, dass in Mecklenburg-Vorpommern gerade die Sonne scheint. Einen Regenschirm mussten sie sich erst in München kaufen.

Auch in Genua, wo die beiden Familien Ivaldi und Benassi herkommen, ist es gerade schön. Die Italiener lassen sich vom Wetter nicht die Laune verderben, nur die Kinder Irene, Linda und Adele schauen schon ein wenig missmutig. Die Schirme stören die Bewegungsfreiheit. Enrica Ivaldi und ihre sechsköpfige Mannschaft bleiben zwei Tage in der Stadt, das entspricht laut Statistik der durchschnittlichen Aufenthaltsdauer eines Münchenbesuchers. Die Genueser lassen sich vor allem in der Altstadt treiben.

"Walking" - was sonst?

Wer keine konkreten Pläne hat, dem können seine Pläne auch nicht vom schlechten Wetter durchkreuzt werden. So halten es auch die 23-jährigen Zwillingsbrüder und Vater Antonio Manuel Pequeno aus dem portugiesischem Evora. Sie sind gerade angekommen und müssen sich auf dem Stadtplan erst einmal ortientieren.

Das, was sie bereits gesehen haben, gefalle ihnen aber sehr gut. "Die Häuser sind hier sehr hübsch", findet Sohn Antonio José. Auch die beiden jungen Frauen Jung Enn und Young Rimin aus Südkorea staunen. "Die Gebäude sind hier so groß", wundern sie sich, "und es sind sehr viele Menschen hier." Auf die Frage, was sie noch vor haben, zucken die beiden Koreanerinnen die Schultern. "Walking." Oben Regenschirm, unten Flip-Flops, so ausgestattet gehen sie weiter. In drei Tagen werden sie in den Zug nach Verona steigen. München ist für sie ebenso wie für die italienische und die portugiesische Familie nur eine Station von vielen.

Ein Mann auf dem Marienplatz freut sich über den Regen. Es ist Ulrich Vogt, hauptberuflicher Rischkafahrer. Bei Regen bleibt die Konkurrenz zu Hause. So bleiben ihm die Touristen, die trockenen Fußes zum Hofbräuhaus geradelt werden wollen.

© SZ vom 21.08.07 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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