Wiesn-Film:Die Faszination des immer Gleichen

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Barbara Rudnik erzählt über ihre Liebe zur Wiesn und ihren neuen Film "Oktoberfest". Während der Dreharbeiten auf der Wiesn 2004 verbrachte die Schauspielerin eine Woche im Hofbräu-Zelt, schleppte Mass-Krüge hin und her und musste sich aggressive Gäste vom Hals halten.

Josef Grübl

Für viele wird sie immer "die Gräfin" bleiben: In Franz Xaver Bogners Serie "Irgendwie und sowieso" eroberte sie als blaublütiges Model nicht nur das Herz von Ottfried Fischer, sondern auch das des Publikums. Seitdem ist Barbara Rudnik aus der deutschen Kino- und Fernsehlandschaft nicht mehr wegzudenken. Jetzt spielt die 47-jährige Münchnerin eine gestresste Kellnerin im Episodenfilm "Oktoberfest". Der Film des Erstlingsregisseurs Johannes Brunner wirft einen Blick auf die unterschiedlichen Schicksale von Menschen die sich am letzten Tag des Volksfestes begegnen. "Oktoberfest" läuft am Donnerstag bundesweit in den Kinos an.

Barbara Rudnik (l.)und ihre Schauspieler-Kollegin Suzanne Landsfried: "Es gab immer wieder Leute, die bei mir etwas bestellen wollten. Die haben gar nicht mitgekriegt, dass wir einen Film drehen." (Foto: Foto: ddp)

SZ: Frau Rudnik, wann waren Sie das erste Mal auf der Wiesn?

Barbara Rudnik: Ich lebe zwar schon seit 1977 in München, bin aber die ersten Jahre überhaupt nicht hingegangen. Das Oktoberfest war für mich etwas Spießiges und Volkstümliches, womit ich nichts zu tun haben wollte. Wenn man aber eine Zeitlang hier lebt, ist es irgendwann unumgänglich, dass man doch hingeht. Und zu meinem Erstaunen hat es mir gleich sehr gut gefallen, seitdem bin ich jedes Jahr regelmäßig da. Heute wäre es mir allerdings lieber, wenn es noch etwas volkstümlicher wäre und nicht alles nur noch in VIP-Bereiche eingeteilt wäre.

SZ: Was macht für Sie die besondere Faszination an diesem Volksfest aus?

Rudnik: Das Wiederkehrende ist das Schöne, die Wiesn ist immer wieder dasselbe. Es ist ein klarer, fester Termin, auf den man sich freuen kann - so wie auf Weihnachten. Das Bier ist besonders gut, und auch die Hendl schmecken nirgendwo sonst so gut. Außerdem bin ich nach einer Maß in der Lage, Lieder mitzusingen, die ich sonst nie singen würde.

SZ: Wie haben Sie auf das Angebot reagiert, in einem Film über das Oktoberfest mitzuspielen?

Rudnik: Es wurde mir schon sehr früh angeboten, allerdings sollte ich eine andere Figur spielen. Das wollte ich aber nicht, da es nur eine winzig kleine Rolle war, die ich uninteressant fand. Das Drehbuch hat mir aber gut gefallen, und so fragte ich, ob ich nicht die Bedienung spielen könnte - das ging anfangs nicht. Aber dann ist die Schauspielerin, die das machen sollte, krank geworden - und so kam ich dazu.

SZ: Sie haben sich dann letztes Jahr in den Oktoberfest-Trubel gestürzt und vor Ort gedreht. Wie war das?

Rudnik: Wir waren eine Woche im Hofbräu-Zelt, von morgens bis nachts. Das war eine völlig neue Erfahrung für mich. Es gab ja keine Rückzugsmöglichkeiten, wir standen den ganzen Tag in diesen Gängen. Neben den vielen Menschen fand ich aber die Lautstärke im Zelt am anstrengendsten.

SZ: Wie haben die Gäste reagiert?

Rudnik: Ich musste teilweise stundenlang mit vier Maß Bier in der Hand von einem Tisch zum anderen gehen, aber trotzdem gab es immer wieder Leute, die etwas bei mir bestellen wollten. Die haben gar nicht mitgekriegt, dass wir einen Film drehen. Wenn ich durch die Gänge gehen musste, war es sehr viel schwieriger. Da gab es immer wieder Situationen, dass Leute in die Kamera geguckt haben oder sich völlig anders als normal verhalten haben. Und so mussten wir viele Szenen sehr oft wiederholen.

SZ:Gab es Momente, in denen die Situation eskalierte?

Rudnik: Einmal wurde es sehr bedenklich, da haben wir auch abgebrochen. Das war an einem Tag so gegen 17 Uhr, als es draußen richtig stark zu regnen begann. Das Zelt war innerhalb kürzester Zeit wahnsinnig voll, und ich sollte durch die Massen gehen - der Kameramann immer ein paar Schritte vor mir. Als wir für ein paar Minuten stehen geblieben sind, haben wir sofort einen Stau provoziert. Die Leute, die teilweise schon seit Stunden im Gedrängel standen, wurden ziemlich aggressiv. Das war eine extrem unangenehme Situation.

SZ: Wie haben Sie sich auf den kräftezehrenden Job als Kellnerin vorbereitet?

Rudnik: Ich habe in meinem Leben schon viel gekellnert, zum Beispiel während der Schauspielausbildung. Bedienen kann ich also, aber bis zu zehn Maß gleichzeitig zu schleppen war etwas Neues für mich. Die Dinger sind einfach wahnsinnig schwer - auch ohne Bier. Wir haben zwar Einführungskurse bekommen, wie man mehrere Krüge in die Hand nimmt, aber ich musste es einfach eine Zeit lang machen, bis ich es heraus hatte. Wenn man den Henkel nicht fest im Griff hat, dann bewegen sich die Krüge langsam nach vorne, und man verschüttet das Bier.

SZ: Ihr Regisseur ist eigentlich bildender Künstler. War die Arbeit mit ihm anders als mit erfahrenen Regisseuren?

Rudnik: Ja, schon. Er war ständig mit Überlegungen beschäftigt, wie denn das Ganze überhaupt funktionieren soll. Schließlich war das Projekt ja etwas völlig anderes, als man es sonst kennt. Daher wusste ich manchmal nicht genau, was er überhaupt drehte. Mal drehte er ein bisschen länger, dann wieder kürzer - das war nicht ganz einfach.

SZ: Der Film beleuchtet sehr viele verschiedene Schicksale. War es für Sie als Schauspielerin da schwierig, der Rolle in wenigen Szenen Konturen zu verleihen?

Rudnik: Ja, das birgt durchaus Probleme in sich. Aber das ist nicht nur meine Aufgabe, sondern auch die des Films. Als ich das Drehbuch gelesen habe, war ich sehr fasziniert, da die Geschichten so schön ineinander übergreifen. Dann merkte ich aber, dass es immer nur wenige Sekunden sind, in denen ich zu sehen bin. Das ist dann schon sehr schwierig für einen Schauspieler, daraus etwas zu machen.

SZ: War diese Rolle für Sie auch ein Versuch, aus dem Image der kühlen Blonden auszubrechen?

Rudnik: Mich hat diese Figur einfach sofort berührt, deswegen wollte ich sie auch spielen. Die kühle Blonde ist ja mittlerweile schon etwas länger her - das ist halt etwas, was mal so in den Zeitungen stand. Ich glaube aber nicht, dass das von allen so empfunden wird.

SZ: Sie leben nun schon seit fast dreißig Jahren in München. Was fasziniert Sie denn so an dieser Stadt?

Rudnik: Als Kasseler geht man eigentlich nicht nach München, sondern nach Berlin. Ich bin zufällig nach München gekommen und hier hängen geblieben. Und mit jedem Tag, den ich länger bleibe, wird es schwieriger, weg zu kommen von dieser Stadt.

© SZ vom 29.08.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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