Wiesn-Bilanz der Polizei:Angst vor der Masse Mensch

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Menschen drängeln, schwitzen, überrennen sich fast. Panik bricht aus. Die Polizei befürchtet, dem Ansturm auf der Wiesn nicht mehr Herr werden zu können. Sie fordert Veränderungen.

Von Claudia Wessel

"Wenn es auf der Wiesn noch mehr solche Tage wie den letzten Samstag geben würde, würde es wirklich bedenklich", sagt Gerhard Bayer, Leiter der Wiesn-Wache, nach den erfolgreich absolvierten 16 Einsatztagen. "Ich habe weniger Angst vor Bomben oder Terror, denn dafür gibt es auch viele andere mögliche Ziele. Was mir Sorgen macht, ist die Massenpsychologie", so das Fazit des Polizeibeamten in der offiziellen Polizei-Wiesnbilanz.

Bricht in so einer großen Menschenmasse Panik aus, könnte die Polizei nur ratlos zu sehen. (Foto: Foto: AP)

Rund 600.000 Menschen drängten sich am letzten Wiesn-Sonntag auf der Festwiese, und das bereits seit den frühen Morgenstunden. Was im Vorjahr nur ein vereinzeltes Phänomen gewesen sei - Leute, die schon um 7 Uhr früh im Schlafsack vor Zelteingängen lagerten - habe sich heuer zu einem regelrechten Trend ausgewachsen.

Kaum hätten die Zelte ihre Türen geöffnet, seien sie auch schon voll gewesen. Für die Polizei habe das geheißen: sofortige Einsatzbereitschaft. Denn innerhalb kürzester Zeit gebe es die ersten Zwischenfälle.

Ganz schlimm war das beinahe panische Gedränge im Bräurosl-Zelt am vergangenen Samstag. Vor den Toiletten standen lange Schlangen, als versehentlich in der Nähe eine Tür nach außen geöffnet wurde. Durch diese drängten sofort aggressive Menschenmassen. Es kam zu solchen Tumulten, Pöbeleien und Schlägereien, dass 50 Polizisten eingreifen mussten.

"Wenn eine wirkliche Paniksituation auf der Wiesn entstünde, könnten wir diese mit Sicherheit nicht in den Griff bekommen", fürchtet Bayer. Daher müssten im kommenden Jahr dringend Maßnahmen getroffen werden, vor allem, um die Situation bei den Toiletten unter Kontrolle zu bekommen. "Das war in allen Zelten ein Problem." Videokameras sollen jedoch keinesfalls in die Zelte kommen. "Das geht rechtlich nicht und wäre außerdem Sache der Wirte."

Auf dem Gelände waren zwölf Kameras im Einsatz (im Vorjahr zehn), die in 66 Fällen wichtig wurden: bei Einsätzen, vor allem in Sachen Rauschgift. Auch zur Personaleinsparung eigneten sie sich: Ein Notruf meldete einmal eine 30-Personen-Schlägerei. Der Blick auf den Film zeigte jedoch nur spielerische Kabbelei unter einer zusammengehörenden Männergruppe.

© SZ vom 6.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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