Werbung in der Stadt:München leuchtet - aber kontrolliert

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Pfiffige Werbung oder optischer Müll: Die Stadt tut sich schwer mit der Reklame.

Alfred Dürr

Was blubbert da am Hochhaus? Was ist den Werbestrategen nun schon wieder eingefallen? Bewegliche Reklame an einer Gebäudefassade, das ist eine neue Variante im heftig geführten Kampf um die - wie es engagierte Stadtbild-Schützer drastisch formulieren - ,,optische Vermüllung'' des öffentlichen Raums.

Der Pingu wirbt für Eis. (Foto: Foto: Hess)

Am Verwaltungsgebäude des Mobilfunk-Konzerns O 2 am Georg-Brauchle-Ring im Münchner Norden sollen nicht nur Firmen-Logos angebracht werden, sondern es könnten zwischen dem 16. und 36. Stockwerk des Turms die aus der Werbung bekannten O 2-Luftblasen im Sekundentakt und fotorealistisch nach oben steigen. Ein harmlos pfiffiges Schauspiel oder ein Öffnen der Schleusen - die Meinung der Stadtgestaltungs-Experten ist durchaus gespalten.

Die eine Position: Gibt man hier nach, besteht vielleicht schon bald die gesamte Fußgängerzone aus einer Flut von grell-bunten Werbevideos an den Fassaden. Gut gemachte Großflächenreklame gehört einfach zum Großstadtflair, sagen die anderen - man denke an den Times Square in Manhattan.

München tat sich immer schwer mit dem Thema. Das Rathaus hat allerdings kräftig mitgeholfen, es zu einem Problemfeld zu machen. Es lässt sich nämlich genau datieren, wann die Stadt ihre Unschuld verloren hat. 1996, als das Siegestor saniert und eingerüstet wurde, wollte Oberbürgermeister Christian Ude die hässliche Baustellenverkleidung durch Großflächen-Werbung verschönern. Wer immer kritische Anmerkungen machte, wurde hart gerüffelt.

Es brach aber tatsächlich eine Flut von Anträgen für Reklameposter an eingerüsteten Fassaden über das Planungsreferat herein. Immer größer, immer greller - das war das Motto der Agenturen.

Es dauerte nicht lange, und Ude bereute es bitter, diese Geister gerufen zu haben. Man habe den kleinen Finger gegeben, jetzt wolle man einem gleich den ganzen Arm ausreißen und überall die Poster anbringen, klagte er. Was sich marktschreierisch in den Vordergrund dränge und die Architektur verberge, müsse so restriktiv behandelt werden, wie es die Rechtsprechung zulasse.

Damit war die Richtung klar: München ist eine Stadt, die durch ihre typische Silhouette, mit den Bauwerken, Kuppeln und Türmen, wirkt. Sie ist also kein Werbeträger. Das heißt auch, dass alle Anlagen dieser Art genehmigt werden müssen. Was gar nicht geht, sind beispielsweise Reklameeinrichtungen auf Dächern, Leuchtkästen und Tafeln auf Vordächern, Blink-Werbung beziehungsweise die Verwendung von grellen Farben und reflektierenden Materialien.

Aber auch da gibt es Sündenfälle. Auf dem sogenannten Pini-Haus am Stachus dreht sich eine MAN-Werbung, auf einem Bürogebäude hinter dem Ostbahnhof prangt eine weithin sichtbare Reklamekugel. Nur als die DaimlerChrysler-Niederlassung einen Stern auf das Dach ihres neuen Hochhauses an der Donnersbergerbrücke setzen wollte, sperrte sich die Stadt mit aller Kraft.

Dass das Stadtbild von Firmenlogos dominiert wird, war die Horrorvision. Im Rechtsstreit mit Mercedes unterlag die Stadt. Es ging hier um einen Spezialfall, der keinen Dammbruch für Werbung auf anderen Hochhäusern bedeutete.

Weitaus friedlicher ging es zu, als zur Fußball-WM 2006 ,,kommerzielle Großauftritte'' drohten. Stadt und Werbeagenturen einigten sich auf einen relativ maßvollen Umgang mit den Großpostern an Fassaden. Was nicht bedeutet, dass Ruhe an der Front herrscht. Immer wieder gab es Ansätze, die Blicke der Passanten auf große Farbdisplays mit beweglichen Bildern zu lenken, zum Beispiel beim Anbau des Kaufhauses Karstadt-Oberpollinger am Lenbachplatz oder beim Mathäser-Kino.

Doch auch hier redete man seitens der Stadt den Gebäude-Eigentümern intensiv ins Gewissen. Die Glitzer- und Flimmer-Billboards nach dem Vorbild des Times Square setzten sich in München (noch) nicht durch.

Allerdings mussten wieder die Gerichte bemüht werden, als es um die sogenannte Wechselwerbung an Trambahn-Haltestellen ging. Hier ändern sich die Poster im Sekundentakt. Egal, ob es um Tafeln oder virtuelle Luftblasen geht - wenn sie das Stadtbild beeinträchtigen, verstehen die Behörden keinen Spaß.

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