Wegen eines Mordes vor 26 Jahren:2300 Männer zu Speichelprobe aufgefordert

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Vor 26 Jahren wurde die Schülerin Michaela Eisch umgebracht. Mit einem der größten DNS-Massentests der Münchner Geschichte soll der Sexualmord nun aufgeklärt werden.

Stefan Simon

Der bis heute ungeklärte Sexualmord an der Münchner Schülerin Michaela Eisch soll 26 Jahre nach der Tat erneut aufgerollt werden. Staatsanwaltschaft und Polizei fordern deshalb mehr als 2300 Männer zur freiwilligen Abgabe einer Speichelprobe auf. Es ist einer der größten DNS-Massentests der Münchner Kriminalgeschichte - und womöglich die letzte Chance, das Verbrechen aus dem Jahr 1985 aufzuklären, das sich kommende Woche am Dienstag jährt.

Mit einem DNS-Massentest soll der bis heute ungeklärte Sexualmord an der Schülerin Michaela Eisch aufgeklärt werden. (Foto: dpa)

Der Tod der damals erst acht Jahre alten Schülerin hatte München über Jahre hinweg beschäftigt, viele Eltern reagierten gleichermaßen entsetzt und verunsichert auf die Umstände der Tat. Michaela Eisch wurde am 17. Mai 1985 als vermisst gemeldet. Am Vormittag hatte sie sich zum ersten Mal allein auf den Weg gemacht, um ihre Mutter mit der U-Bahn von der Arbeit abzuholen. Eine Freundin hatte sie in Berg am Laim in der Wohnung ihrer Großeltern in der Bad-Schachener-Straße abgeholt und zur U-Bahn-Haltestelle Innsbrucker Ring begleitet. Ob die Achtjährige aber tatsächlich wie geplant den Zug in die Innenstadt nahm, wurde nie geklärt. Ihre Mutter wartete am Hauptbahnhof vergebens.

Vier Wochen später wurde Gewissheit, was viele befürchteten: An der Braunauer Eisenbahnbrücke wurde Michaela tot aufgefunden. Zeugen hatten sie dort an einem Kiosk gesehen - in Begleitung eines bis heute unbekannten Mannes, der offenbar kein Fremder war für das aufgeweckte Kind. Er wurde als 30 bis 40 Jahre alt beschrieben, war knapp 1,85 Meter groß, schlank und hatte dunkelblonde, dichte Haare. Gemeinsam kletterten die beiden über einen Zaun. Gerichtsmediziner stellten fest, dass Michaela auf dem Gelände missbraucht wurde, ehe der Unbekannte sie tötete.

Immer wieder verfolgte die Kripo neue Ermittlungsansätze - auch als Michaelas Mutter und die Großeltern starben. "Wir haben in dem Fall kontinuierlich ermittelt", sagt Markus Kraus, der Chef der Münchner Mordkommission. Dutzende bereits befragte Zeugen wurden wieder und immer wieder vernommen. Doch das brachte die Polizei so wenig voran wie die seit 1985 ausgesetzte Belohnung von 10000 Mark (heute 5000 Euro). Auch die Hoffnung, der Täter habe vielleicht sein Schweigen gebrochen und mit der Tat geprahlt, zerschlug sich irgendwann.

Warum die Polizei nach all den Jahren überraschend auf einen Massen-Gentest setzt, kann Kraus schnell erklären: Mit Hilfe moderner Kriminaltechnik sei an den 1985 sichergestellten Asservaten eine DNS-Spur entdeckt worden. Bisher konnte sie niemandem zugeordnet werden - weder bei der Suche in der Gen-Datenbank des Landeskriminalamts noch beim Abgleich mit Erbmaterial von 170 Personen aus Michaela Eischs Familie und ihrem nahen Umfeld.

Mit der Reihenuntersuchung, der ein Beschluss des Amtsgerichts München zugrunde liegt, können die Ermittlungen ausgeweitet werden. Alle Männer der Geburtsjahrgänge 1940 bis 1960, die zur Tatzeit in der Maikäfersiedlung wohnten, erhalten in den nächsten Tagen ein Schreiben mit der Aufforderung, sich zu beteiligen. 1750 dieser Männer wohnen noch in der Region München. Vom 8. bis 10. Juli sollen sie zum Abstrich in die Polizeiturnhalle in der Bad-Schachener-Straße kommen. Weitere 600 Männer, die weiter weg wohnen, werden von den lokalen Polizeibehörden angeschrieben.

Die Speichelprobe und das gewonnene DNS-Muster werden "unverzüglich vernichtet", sichert die Polizei zu - natürlich nur, solange sie nicht mit der Spur von 1985 übereinstimmen.

© SZ vom 13.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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