Wahlkampfthema Verschwendung öffentlicher Mittel:Wiedergänger Mehmet

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Auch wenn der Serienstraftäter Muhlis A. in der Türkei weilt, und nie wieder straflos deutschen Boden betreten darf, taugt das Thema für den Wahlkampf: Die CSU-Fraktion verlangte Auskunft über die Kosten, die "Mehmet" verursacht hat.

Christian Rost

Der Serienstraftäter Muhlis A. beschäftigt nun seit acht Jahren die Stadt. Und obwohl sich der unter dem Pseudonym Mehmet bekannt gewordene Gernegrob mittlerweile in die Türkei verabschiedet hat und - nach Ansicht von Innenminister Günther Beckstein (CSU) - nie wieder straflos deutschen Boden betreten darf, wird seine Münchner Geschichte fortgeschrieben.

Erst gestern beschäftigte sich der Jugendhilfeausschuss des Stadtrats erneut mit ihm. Die CSU-Fraktion verlangte Auskunft über die Kosten, die "Herr A." während seiner kriminellen Jugend in München verursacht hat. Der Antrag von Max Straßer und Gisela Oberloher lief zwar ins Leere - die anderen Parteien lehnten die Auskunft mit Hinweis auf den Datenschutz ab.

Die heftige, kurze Debatte um das Thema zeigte jedoch: Mehmet mit seinen mehr als 60 Straftaten im Register taugt noch immer für den Wahlkampf.

Die Parteien bringen sich jetzt nach der Ankündigung des Oberbürgermeisters, 2008 doch noch mal anzutreten, in Position.

Die CSU setzt dabei auf den Aspekt Sicherheit plus Verschwendung öffentlicher Mittel: Max Straßer begründete seinen Antrag, der Fall Mehmet sei "beispielhaft für andere Fälle", man wolle "aufzeigen, wie der Steuerzahler geblutet hat".

Eben jener Steuerzahler habe "ein Recht auf Transparenz". Die Begründung diente als Sprungbrett zu der bekannten Forderung nach einer geschlossenen Einrichtung für intensiv straffällig gewordene Jugendliche, von denen es rund 80 in der Stadt gibt.

Christian Müller (SPD) nannte das Verhalten der CSU "entwürdigend". Die Christsozialen wollten ganz offensichtlich nur wieder Details an die Öffentlichkeit zerren. Müller verwies in diesem Zusammenhang auf den Fall eines Vergewaltigungsopfers, das am Ende der Debatte für jedermann erkennbar gewesen sei.

Die Forderung nach einer geschlossenen Einrichtung lehnte Müller schon wegen der hohen Kosten ab. Solche Einrichtungen seien "die teuersten Maßnahmen überhaupt, gleich danach kommt der Knast". Außerdem habe die Suche nach einem Standort in der Vergangenheit gezeigt, dass sich benachbarte Kommunen mit aller Kraft dagegen wehrten.

Darüber hinaus stehe in geschlossenen Einrichtungen nicht die Bestrafung, sondern die Hilfe für Jugendliche im Vordergrund, weswegen hauptsächlich junge Frauen dort untergebracht seien.

Der Sozialreferent erkennt bei der CSU mittlerweile sogar einen Mehmet-Fetisch: "Der Fall bereitet Ihnen irgendwie Gefallen", sagte Friedrich Graffe.

Nur: Muhlis A. sei nicht mehr im Land, und sensible personenbezogene Daten, die schutzbedürftig seinen, dürften nur dann an einzelne Stadtratsmitglieder weitergegeben werden, wenn dies zur Aufgabenerfüllung erforderlich sei. Graffe lehnte es auch ab, die Zahlen in nichtöffentlicher Sitzung zu benennen.

Die Mehrheit im Gremium folgte dieser Auffassung. Die CSU protestierte dagegen. "Auskunftsrecht verweigert" und Aufwendungen der öffentlichen Hand verheimlicht" polterte die Fraktion anschließend in einer Pressemitteilung. Dazu der Hinweis: "Der Wahlkampf ist eröffnet!"

© SZ vom 20.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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