Vorschlag-Hammer:Katze kotzt, Nachbar motzt

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An Ostern besuchte ich mal wieder die Therme Erding, was freilich eine saudumme Idee war. Ich habe mich gefühlt wie in einem Wimmelbild in Rimini

Von Bernhard Blöchl

An Ostern besuchte ich mal wieder die Therme Erding, was freilich eine saudumme Idee war, ich habe mich gefühlt wie in einem Wimmelbild in Rimini. Zu meiner Verteidigung möchte ich betonen, dass ich zur Recherche dort war, die haben da kürzlich ein schickes Hotel angebaut, wo Entspannung sehr wohl möglich war, selbst in den Ferien. Nur ein bisschen Ruhe zu finden, kommt bekanntlich einer Meisterleistung gleich, gerade in diesen Tagen, da wieder alle den Gärtnerplatz respektive das Isar-Ufer belagern, als gelte es herauszufinden, was Lemminge beim Picknick empfinden.

Dem Tumult kann man mitunter im Kino entkommen, vor allem, wenn es draußen warm ist, dann hockt man schon mal allein im Dunkeln. Allerdings nicht beim Film Nur eine Stunde Ruhe!, da ist Tohuwabohu programmiert. Das ist schon deshalb lustig, weil der Protagonist der französischen Ensemble-Komödie sich nur diese eine Sache wünscht: allein sein und eine seltene Jazzplatte hören. Ist das denn zu viel verlangt, fragt er sich. Das Drehbuch, das auf einem Theaterstück basiert, meint: ja. Logisch, sonst wäre die Klamotte nur der halbe Spaß (im Original mit Untertiteln im Theatiner zu sehen). Das Begehren des Protagonisten (gespielt von Christian Clavier aus "Monsieur Claude und seine Töchter") ist indes sehr nachvollziehbar. Irgendwas ist immer. Das Auto springt nicht mehr an, die Frau hört nicht mehr auf (mit dem Reden), die Katze kotzt, der Nachbar motzt. Wie soll man da in Ruhe Musik hören (es muss ja nicht gleich Jazz sein)?

Auch im Münchner Kulturleben geht es im Frühling turbulent zu. Jeden Tag ein Kann-Termin, mindestens. An diesem Donnerstag gehe ich zur Lesung von Irvine Welsh ins Literaturhaus (deutsche Stimme: Nagel, 20 Uhr, siehe Bericht). Zum einen, weil ich den schottischen Haudegen bereits seit "Trainspotting" live erleben möchte; zum anderen, weil mir sein aktueller Roman über die obsessive Abhängigkeit zweier Amerikanerinnen ungestörte Lesefreude bereitete. "Das Sexleben siamesischer Zwillinge" heißt der Wälzer, was natürlich per se neugierig macht. Von der Tour de force zur Tour de France: Am Freitag feiert Thomas Bohnet, der frankophilste DJ der Stadt, 15-jähriges Bestehen der eleganten Reihe, und Freunde französischer Musik dürfen sich zudem auf die Chanteuse Pauline Paris freuen (21 Uhr, Ampere, siehe Bericht rechts). Am Samstag steigt in der Import-Export-Kantine eine Benefiz-Party für ein neues Stadtmagazin, das den unverschämten Titel München ist Dreck tragen und die Subkultur beackern soll (21 Uhr, mit Erol Dizdar). Was es damit auf sich hat, kann man womöglich an diesem Konzert- und DJ-Abend herausfinden. Und auch die Tage danach gibt es reichlich Verlockendes: die lustigen kanadischen Indie-Popper The Elwins zum Beispiel (21.4., Milla), und auch bei dem neuen Tim-Burton-Film Big Eyes werden Sie große Augen machen (von 23.4. an im Kino). Und am Freitag, 24. April, spielen Candelilla mit der geschätzten SZ-Kollegin Rita Argauer in der Milla (21 Uhr, mit Beißpony und Sonytagartony). Dazwischen wünsche ich Ihnen: nur eine Stunde Ruhe.

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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