Vogelgrippe:Antreten zum Kadaver Sammeln

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Noch ist die Vogelgrippe erst im Norden Deutschlands angekommen. Doch der "Vogelalarm" hält seit Tagen auch die Münchener Feuerwehr auf Trab.

Karin Seibold

Alles, was Flügel hat, ist verdächtig in Zeiten von H5N1. Auch in München. Vögel sind überall, und überall stehen sie derzeit im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Da kommt es vor, dass jemand bei der Münchner Feuerwehr anruft, weil er einen Schwan gesehen hat, "der so komisch schaut".

Jeder Schwan ist verdächtig (Foto: Foto: ddp)

Gut, dass der Gesichtsausdruck des Federviehs kein Indikator ist für Geflügelpest - bis die Feuerwehrmänner in ihren weißen Ganzkörper-Schutzanzügen in einem der zwei Münchner Vogelgrippe-Sondereinsatz-Fahrzeuge angebraust kämen, hätte das Tier ohnehin das Weite gesucht.

Erst bei toten Vögeln rückt das Sondereinsatzkommando aus. Seit dem Wochenende hält der "Vogelalarm" die Feuerwehrmänner auf Trab. Knapp 100 Kadaver sammelten sie seit Donnerstag in Münchens Straßen und Parks ein - getestet wird aber erst bei einer Gruppe von toten Tieren.

Lediglich sechs einsam gestorbene Schwäne brachten die Münchner Feuerwehrleute in die Landesuntersuchungsanstalt nach Oberschleißheim. In den vergangenen Tagen ist dort die Zahl der abgegebenen Tiere drastisch gestiegen: 124 tote Vögel melden die Untersuchungsanstalten Oberschleißheim und Erlangen allein für das Wochenende. Seit Beginn der "Rückflugsaison" Mitte Januar waren es insgesamt 318 Tiere.

Die Veterinäre entnehmen den Kadavern Proben von Lunge, Luftröhre, Milz, Niere, Leber und Gehirn. Im Labor testen sie die Organproben auf Nukleinsäure des Influenza A-Virus - ein allgemeiner Grippe-Indikator, der aber nicht Geflügelpest bedeuten muss.

Drei Proben waren bisher positiv; sie wurden zur weiteren Untersuchung an das Nationale Referenzlabor des Friedrich-Loeffler-Instituts auf der Ostsee-Insel Riems verschickt. Wann die Ergebnisse vorliegen, "bleibt abzuwarten", so das Verbraucherschutzministerium.

Um die Vögel nicht zum möglicherweise ansteckenden Gruppendasein zu animieren, warnt der deutsche Naturschutzbund davor, beim Spaziergang im Park Enten und Schwäne zu füttern. Auch Singvögel seien an Futterautomaten besser aufgehoben als in Vogelhäusern - über Kot im Futter könne sich die Seuche möglicherweise ausbreiten.

Alles, was Flügel hat, löst Angst aus in Zeiten von H5N1. Doch auch um die Tiere, die keine Flügel haben, sorgen sich die Münchner: Kann meine Katze sich anstecken? Darf ich mit meinem Hund noch Gassi gehen?

In den vergangenen Tagen haben solche Anrufe im Münchner Tierheim zugenommen. "Es muss ja nicht unbedingt ein Spaziergang durchs Vogelbrutgebiet sein", beruhigt Angelika Kretschmer dann. Potenziell ansteckungsgefährdetes Federvieh nimmt das Tierheim aber nicht mehr auf - nur noch Singvögel dürfen abgegeben werden.

Herrchen und Frauchen mit "komisch schauenden" Kanarienvögeln oder Wellensittichen schickt Angelika Kretschmer mit ihren Lieblingen zum Tierarzt - "das kann ja alles mögliche sein".Karin Seibold

© SZ vom 21.2.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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