Verregnete Ferien:Je nässer, desto besser

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Was tun, wenn die Ferien total verregnet sind und die Kinder langsam durchdrehen? Eltern aus der SZ-Redaktion haben einige Tipps parat. Wissen Sie etwas Besseres?

Im Grunde gibt es nur eine Witterung, bei der ein Besuch im Tierpark Hellabrunn halbwegs erträglich ist: bei strömendem Regen.

Regen? Nass! (Foto: Foto: dpa)

Denn erstens ist es dann möglich, sich anders als ausschließlich im Uhrzeigersinn in einer Masse schwitzender, eislutschender, elefantenfixierter und hysterisch kreischender Familien durch den Park zu bewegen. Zweitens gewinnen Regenbesucher neue Einblicke in das aufregende Tierleben.

Anders als bei Sonnenschein, wenn die vierbeinigen Freunde meist schlapp herumhängen, entwickeln sie im Regen erfreuliche Aktivität: Die Wasserschweine pritscheln glücklich in ihrem Becken herum, die Flamingos wechseln ekstatisch vom einen Bein auf das andere, selbst der sonst etwas zurückhaltende Tapir schnorchelt froh durch sein Gehege.

Und für unseren Zweijährigen ist der Regenzootag sowieso das Höchste; vor allem deshalb, weil er in seinen Gummistiefeln von einer Pfütze in die nächste springen kann.

Auf die Frage, welches Tier ihm am besten gefallen habe, denkt er kurz nach und sagt: ,,Ich glaube, der Affenstorch.'' Jede Wette, dass der sich bei schönem Wetter nicht hätte blicken lassen.

Keine Frage, wir gehen ins Hallenbad. Besser gesagt, wir radeln hin. Denn der Dauerregen ist nur eine Frage der richtigen Kleidung, auch wenn Judith, 9, gleich losschimpft über den Wahnsinn ihres Vaters.

Immer nur malen? Ob dieses Mädchen schon "Obstgarten" kennt? (Foto: Foto: dpa)

Schon im Aufzug hinab in den Keller kichert sie wieder, und gleich darauf radelt sie mit ihrem Zwillingsbruder Thilo, was das Zeug hält. Wir fahren nicht in irgendein Bad mit Megarutsche, Welle, Sprudelbecken oder anderem Schnickschnack.

Wir radeln ins Giesinger Hallenbad, direkt neben dem Trainingsgelände des FC Bayern. Das hat einen gewaltigen Vorteil: Es ist ruhig. Außerdem hat es ein Sprungbrett, das die ganze Zeit über geöffnet ist, so dass Thilo und Judith unentwegt toben können, und überaus freundliche Bademeister, die sich davon nicht aus der Ruhe bringen lassen.

Das wiederum freut den Vater, der Bahn um Bahn ziehen kann. Als wir uns drei Stunden später auf den Weg nach Hause machen, kündigt Judith schnippisch an: Wenn wir das nächste Mal im Regen ins Hallenbad radeln, zieht sie gleich den Bikini an.

Gut, es ist oft etwas peinigend für die Eltern, manchmal aber von überraschender Komik. In jedem Fall gehört schauspielerisches Engagement dazu, wenn man mit seiner dreijährigen Tochter zum 538. Mal das beliebte Brettspiel ,,Obstgarten'' spielt.

In der Wohnung bilden sich Inseln aus Krümeln, Schmutzwäsche, leeren Kaffeetassen und Zeitungsresten. Der Wohnzimmertisch ist wieder Schauplatz eines dramatischen Gefechts: ein wetterbedingt melancholischer Vater und seine begeisterte Tochter versuchen, Äpfel, Birnen, Kirschen und Pflaumen vor dem Zugriff des finsteren Raben zu retten.

Ja, mei, das Ganze ist irgendwie . . . etwas simpel. Weil man nicht viel mehr tun muss, als all das Obst auszuwürfeln. Andererseits: Man darf sich bloß nicht hängen lassen, hier geht es um den homo ludens, um den spielerischen Umgang mit der Realität!

Mit Dramatik in der Stimme wird ein Schlachtplan entworfen, jeder Kartengewinn für den Raben mit Churchill'schem Pathos kommentiert, jede Kirsche, jede Birne freudig ins Körbchen geschaufelt. Endlich, geschafft, das Spiel ist aus. ,,Papa, spielen wir noch mal Obstgarten?'' Na klar, liebend gern, zum 539. Mal!

Wer einmal da war, kommt wieder: Alexis hat im Palais Pinakothek soviel über Sterne und Planeten gelernt, dass er nun freiwillig mit ins Museum geht - da gibt's ja so viele spannende Geschichten zu entdecken.

,,Weltwissen'' wollen die Kunsthistoriker vermitteln: bloß kein Frontalunterricht wie in der Schule und vielen anderen Kunstkursen! Deshalb haben sie aus dem schönen Patrizierhaus in der Türkenstraße 4 einen Experimentier- und Abenteuerspielplatz der Pinakotheken gemacht, mit Wunderkammer, Werkstatt und Medienlabor.

Jeden Freitag ist dort Kinderpalais. Da wird gebastelt, diskutiert, geforscht; und anschließend geht es ins Museum, um nachzuprüfen, was die großen Meister aus dem Thema gemacht haben. Dazu gibt es Workshops und offene Sonntage.

Dann dürfen auch Eltern probieren, ob sie blind auf einer galaktischen Ellipse balancieren können, oder was die roten Stäbe von Maria Montessori mit der Gauß'schen Summenformel zu tun haben. (Infos unter 23805198 oder www.pinakothek.de)

Das Museum Mensch und Natur ist ein Geheimtipp, der keiner mehr ist: Unscheinbar in einer Ecke des Nymphenburger Schlosses gelegen, offenbart der Geräuschpegel schon am Eingang, dass die Ausstellungen über alle erdenklichen Lebewesen dieser Erde neugierige Aufgeregtheit unter Kindern jeden Alters verursachen.

Es beginnt mit der Entstehung des Planeten, über die Zeitzeugen - vier Milliarden Jahre alte Steine - mit brüchiger Stimme erzählen. Überwiegend aber ist das Museum mit Tieren bevölkert, vom Dinosaurier bis zur Milchkuh.

Ratespiele mit Knöpfen und Lichttafeln informieren darüber, dass die Entenjungen zu den Nestflüchtern gehören; auf der Haustierwiese der Nahrungsausstellung ,,Wohl bekomm's'' zeigen sich in Originalgröße Kühe, Schafe und Hühner; im Abschnitt

,,Zum Fressen gern'' sind Jagdszenen nachgestellt, etwa ein Bär, der Lachse fängt. Wer seine Zweijährigen nicht ständig von Vitrine zu Vitrine tragen will, kann sie auch absetzen: In Augenhöhe der kleineren Besucher befinden sich eigene Gucklöcher. ( www.musmn.de)

Jetzt ist es doch noch da: das Museumswetter. Es ist nicht so, dass Kinder keine Lust auf Entdeckungen in den teils weltberühmten Sammlungen der Stadt hätten.

Vor allem das Deutsche Museum lockt Nachwuchsforscher mit Blitzgewitter, Altamira Höhle und dem ersten Motorflugzeug der Gebrüder Wright. Seit einigen Jahren können Kinder im dortigen Kinderreich auch selber mit Wasser, Tönen und Licht experimentieren.

Nur leider haben an Ferientagen zu viele Familien die Idee, mal wieder ins Deutsche Museum zu gehen. Ein Besuch endet für viele Kinder oft bereits an der Zweibrückenstraße: Es ist der Weg von den Forumkinos bis zum Eingang des Museums von wartenden Touristen und Familien aus dem Umland verstopft.

So darf sich der Münchner ein bisschen fühlen, wie die Einwohner von Paris oder Venedig. Wer Sehenswürdigkeiten in der eigenen Stadt besichtigen will, muss lernen, antizyklisch vorzugehen.

Wenn die Playmobil-Ritter alle tot am Boden liegen, das fünfte Spiel in die Ecke geflogen ist und es immer noch drei Stunden hin sind bis zum Sandmann - dann gibt's nur eins: Raus in den Regen!

Matschhose, Regenjacke, Kapuze, dicke Socken und Gummistiefel finden sich in jedem Haushalt mit Kleinkindern; nur die Eltern müssen meist improvisieren - und sich überwinden. Doch der vom Vormittag in der stickigen Bude quengelige Sohn ist begeistert.

Er reißt die Haustür auf - und landet in der ersten Wasserlache im Hof. Ihn so ins Auto zu verfrachten, kostet Überwindung, aber es muss sein, sonst ist er pitschpatschnass, bevor das Ziel erreicht ist.

Am schönsten ist an einem so verregneten Tag der Grünwaldpark in Neuhausen, wo man unter den Blätterdächern der Riesenbäume Unterschlupf findet.

Dort kann man sich verstecken, mit Stöcken in Riesenpfützen herumstochern, matschen, Geschichten erfinden. An solchen Tagen gehört einem der verzauberte Park fast allein, von den Schönwettermüttern ist nichts zu sehen. Schon nach einer Dreiviertelstunde ist aus dem Monster-Zappelphilipp ein müder, hungriger Kuschelbär geworden, der sich wieder auf die Bude freut. (Grünwaldpark-Spielplatz, Ecke Nymphenburger/Romanstraße in Neuhausen)

Okay, okay, dieser Tipp ist politisch nicht korrekt, nicht originell und schon gar nicht pädagogisch wertvoll.

Andererseits findet sich ja schon einiges auf dieser Seite, was anständige Eltern und anständige Kinder hinaustreibt aus dem Haus, hinein ins kulturelle Erleben oder in die Förderung der frühkindlichen Bildung, was klug macht, intelligent und sozial kompetent.

Also, lange Vorrede, kurzer Sinn: Wir gucken Fernsehen. Schöne Kinderfilme, die wir im Kino nicht geschafft haben, ,,Ab durch die Hecke'' zum Beispiel, oder die wunderbare Schnulze ,,Im Dutzend billiger'' mit Steve Martin, und, ja, zugegeben, zum dreihundertsten Mal ,,Ice Age'', Teil eins und zwei.

Das Tolle am Ferien-Regen-Kuschel-Glotzen ist das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun; zwei Filme an einem Tag - oh Gott, wie frivol! Lass das bloß nicht die Nachbarn wissen und schon gar nicht andere Eltern, die grundsätzlich an Regentagen nur in Opernmatinées oder in Theaterführungen gehen. Sollen sie doch. Wir haben unseren Spaß.

1a-Fußballwetter!

Siebenjährige Jungs wollen kicken, egal wie's draußen aussieht. Frühe Ballfixierung, da kann man nix machen. Feierabendliche Besuche der Hofbräubiergartenkickwiese sind selbstverständlich, Kindergeburtstage bei Socca Five ebenso.

Nur braucht man zum Indoor-Kick zehn Kinderkumpels, von denen im Schnitt acht im Urlaub sind. Ergo: selber kicken. Wir spielen Wohnzimmerfußball. Nein, nix X-Box.

Der Trend geht zum vasen- und lampenschonenden Schaumgummiball. Zerbrechliches auf dem Balkon parken, das Sofa zum Torraum erklären, die CD mit den Fußballkamellen (,,Dann macht es bumm'') einlegen - und los!

Nach dem Torwarttraining lässt sich das Spielfeld auf die Rest-Wohnung ausdehnen: Jeder Tisch hat mindestens zwei Beine, ist also ein Fußballtor. Vorsicht Parkettbesitzer: Socken ausziehen, Rutschgefahr!

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