Verkehr:Wie eine S-Bahn zum Einsatzort kommt

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Durchmogeln bis München - mit Video-Clips zum Download.

Dominik Hutter

(SZ vom 18.7.2001) - Tatsächlich, es gibt einen S-Bahn-Zündschlüssel. Volker Kregelin von der Firma "Bombardier" überreicht ihn im Bahn-Betriebswerk Plochingen an S-Bahn-Chef Michael Wuth - und der kann nun den 100. neuen S-Bahn-Zug mitnehmen. Mitnehmen heißt: Über 200 Kilometer Fernstrecke durchmogeln bis München - zwischen ICEs, Intercitys und Güterzügen hindurch über die Schwäbische Alb, durch die Hauptbahnhöfe in Ulm und Augsburg.

Die neue S-Bahn (Foto: Foto: Rath)

Michael Werner, Leiter des Betriebswerks Steinhausen und Spezial-Lokführer für diese Tour, zieht einen Fax-Ausdruck aus der Tasche: der eigens erstellte Fahrplan. Mit 140 Höchstgeschwindigkeit ist die S-Bahn nicht gerade ein Verkehrshindernis - aber man muss doch gelegentlich einen ICE vorbeilassen.

In Plochingen ist die zentrale S-Bahn-Abnahmestelle der Bahn. Dort wird noch einmal getestet, ob Bordcomputer, Klimaanlagen und Lautsprecher funktionieren.

Dann ein Anruf in München - und zwei Lokführer reisen an. Nur beim Jubiläums-Zug ist Wuth selbst dabei. Und steht nun neben Werner im fabrikneuen Führerstand: Schlüssel umdrehen, Bordcomputer hochfahren, Brems-Test. Um 14.59 Uhr geht es hinaus in die schwäbische Landschaft. Damit die Alb-Tour nicht allzu oft starten muss, hängen Nummer 101 und 102 gleich hinten dran.

Jetzt rasen

Werner nutzt die Situation: Im Münchner S-Bahn-Netz kann man den Zug nur an wenigen Stellen ausfahren - hier darf gerast werden, was die Signale zulassen. 110, 120, 130, 140 und noch ein bisschen darüber hinaus. Mit dieser Beschleunigung - in knapp 30 Sekunden von null auf 100 - lässt man jeden ICE stehen. Wenn auch nur für kurze Zeit.

Draußen zischen Kleinstadt-Idyllen vorbei. Bei Süßen muss die Fern-S-Bahn auf ein Nebengleis: Ein Intercity will überholen.

Grünes Licht

Die Schwäbische Alb geht es langsam hinauf - die Strecke gibt nur Tempo 100 her. Gegen 16 Uhr zieht das Ulmer Münster vorbei. Später, hinter Günzburg, leuchten plötzlich grüne Dioden im Cockpit auf: Die LZB, die Linienzugbeeinflussung, hat sich eingeschaltet. Fahren auf elektronische Sicht: Jeweils vier Kilometer im Voraus werden elektronisch überwacht. Ein ICE rast auf diesem Abschnitt mit 200 durch.

Obwohl die LZB-Signale erst ab Tempo 160 Vorschrift sind, können sie auch in S-Bahn-Zügen empfangen werden: Im Jahr 2004 soll mit diesem System der Stammstrecken-Tunnel aufgemotzt werden.

Noch vor 18 Uhr kommen 210 Meter neue S-Bahn am Ostbahnhof an. In den nächsten Tagen geht es dann wieder gemächlicher zu - auf der Linie S1.

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