Verkehr:Bahn frei für die Tramrapid

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Fast alle Straßenbahn-Linien fahren jetzt viel schneller als noch vor zehn Jahren - und die Stadt spart dadurch Geld

Dominik Hutter

(SZ vom 07.11.2000) - Hoffnungslos veraltete Waggons mit Nostalgie-Anspruch, ein abgefahrenes und stark dezimiertes Schienen-Netz - es ist erst zehn Jahre her, dass die Münchner Trambahn als Auslaufmodell ihre Runden zog.

(Foto: SZ-Grafik)

Inzwischen ist alles anders: Mit der nun eingeführten Beschleunigung der Linien 18 und 19 wird der größte Teil des Netzes im Express-Betrieb befahren, lediglich die Linie 12 und ein kurzer Abschnitt der 19er stehen noch aus.

Seit Eröffnung der Neubaustrecke in der Franziskanerstraße (Ost-Tangente) und der Wiederbelebung der Linie 17 hat die Trambahn wieder 71 Kilometer Auslauf - erhebliche Erweiterungen sind geplant.

Die 1994 erstmals auf der Linie 20 eingeführte Beschleunigung gilt bei den verkehrsbetrieben der Stadtwerke längst als "Erfolgsstory". Hin- und Rückfahrt jeweils zusammengerechnet, sparen die Fahrgäste beim "Moosach-Express" eine Viertelstunde Fahrtzeit, bei der (erheblich längeren) Linie 19 sind es 14 Minuten. Statt eines Durchschnitts-Tempos von bescheidenen 14,9 Stundenkilometern erreicht die 20er jetzt 19,5; Richtung Grünwald sind es 25,4.

Was oft vergessen wird: Mit den Millionen-Investitionen für die Beschleunigung haben die Stadtwerke die eigene Wirtschaftlichkeit erhöht. Kürzere Fahrtzeiten machen weniger Züge und damit weniger Fahrer erforderlich - die eingesparten Wagen haben für die ganze Linie 17 ausgereicht. Zudem kommt man auf optimierten Strecken pünktlicher ans Ziel, weil Schienen-Blockaden durch abbiegende Autos von "intelligenten" Ampelschaltungen vermieden werden.

Meistens geht einer Beschleunigung eine wahre Baustellen-Orgie entlang der Strecke voraus - was in diesem Ausmaß gar nicht notwendig wäre. Denn wichtigster Bestandteil der Beschleunigung ist ein relativ unauffälliges Informationssystem zwischen Strecke und Zug. Prinzip: Infrarot-Baken am Fahrbahnrand versorgen das Fahrzeug mit den nötigen Strecken-Informationen. Der Bordcomputer verarbeitet die Daten und teilt der nächsten Ampel per Funksignal mit, wo, mit welchem Tempo und in welcher Richtung man gerade unterwegs ist. An der Kreuzung wird dann alles für die Ankunft der Tram vorbereitet: Grünphasen werden so verändert, dass blockierende Linksabbieger rechtzeitig von den Schienen verschwunden sind.

Im Idealfall steht die Tram nie vor einer roten Ampel. Das allerdings kann in München durchaus passieren: Anders als in anderen Städten gilt nicht Vorfahrt um jeden Preis - an stark belasteten Kreuzungen wie der Schwanthaler-/Sonnenstraße würden die vier beschleunigten Tramlinien sonst den Straßenverkehr lahmlegen.

Viele Arbeiten an Haltestellen haben mit der Beschleunigung gar nichts zu tun - die Stadtwerke nutzen lediglich die Gelegenheit, um Verkehrsinseln zu verbreitern, Wartehäuschen zu errichten oder den Zugang für Behinderte zu erleichtern. Ausnahme sind die berüchtigten "Gehweg-Nasen" - die allerdings laut Verkehrsbetriebe-Geschäftsführer Herbert König auch für die Autofahrer Vorteile bringen: Der Fußgänger als langsamster Verkehrsteilnehmer benötigt von der "Nase" aus weniger Zeit, um über die Straße zu kommen - und das verkürzt die Rotphase aller anderen Verkehrsteilnehmer.

König hofft, dass die noch ausstehende Linie 12 spätestens 2002 beschleunigt werden kann. Bei der Linie 19 könnte es schneller gehen. Für den kurzen Abschnitt zwischen Lautensackstraße und Pasing fehlt laut König lediglich ein offizieller Stadtratsbeschluss. Eigentlich sind sich inzwischen alle einig, dass die 19er auch nach Verlängerung der U 5 nicht stillgelegt wird. Rein formal gilt aber noch das Gegenteil.

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