Verkaufsoffener Sonntag:Tonnenweise Sand und jede Menge Leute

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Eine überfüllte Fußgängerzone, ein Strand am Rindermarkt und brasilianische Einradfahrer - Impressionen vom ersten verkaufsoffenen Sonntag in München.

Philipp Mattheis

"Ich hab vor allem wegen der Atmosphäre heute aufgemacht", sagt Petra Weigert. "Rentieren tut sich das nicht unbedingt". Die Zahl der Leute, die gerade am Sonntagnachmittag Schuhe zur Reparatur bringen, hält sich auch in Grenzen. Aber Petra Weigert sieht's gelassen: "Je nachdem wie viel sich heute noch tut, mach ich um 18 Uhr oder 20 Uhr zu. Bloß weil heute die Geschäfte offen haben, geben die Leute doch nicht automatisch mehr Geld aus. Aber ich machs gerne."

Das Schuhgeschäft liegt am Rande der Fußgängerzone hinter dem Rindermarkt. Drinnen ist es ruhig und kühl. Draußen vor der Tür herrscht schon Gedränge. Ein paar Meter weiter, und man ist mittendrin. Der Marienplatz ist noch überfüllter als an den Samstagvormittagen, an denen Menschen aus Stadt und Umland exzessiv ihr Geld unter die Leute bringen.

Der erste verkaufsoffene Sonntag in München ist also beinahe ein Tag wie jeder andere. Die traditionelle Konsumsperre ist aufgehoben - das Volk freut sich. "Von mir aus könnt' das immer so sein", meint ein Passant. "Endlich kann man in Ruhe auch am Sonntag einkaufen und muss nicht alles gehetzt am Samstag erledigen."

In Ruhe einkaufen?

Von Ruhe kann allerdings kaum die Rede sein: Da sind die zum größten Teil brasilianischen Fußballfans, die, bunt bemalt, den immergleichen Rhythmus trommeln oder sich auf meterhohen Einrädern einen Weg durch die Menge bahnen. Da sind Familien, deren Kinder quengelnd vor dem Eisstand stehen. Und Teenager, die die Filialen schwedischer Bekleidungsgeschäfte stürmen.

Am Rindermarkt wurden Tonnen von Sand aufgeschüttet, auf dass sich ein Strandgefühl einstelle. Ebenso am Richard-Strauß-Brunnen in der Fußgängerzone. Dort steht auch noch eine Torwand, bei der man seine Torschützenqualitäten testen kann. Wer einen der begehrten Liegestühle ergattern konnte, sieht aus, als bräuchte er die Entspannung auch ganz dringend.

Das Gros der Münchner sieht die Sache im Rahmen des allgemeinen Ausnahmezustands. Während der WM, so der Tenor, darf das schon mal sein. "Ich find's gut, dass die Geschäfte heute offen haben. Aber jeden Sonntag bräuchte ich das nicht," meint ein älterer Herr.

Drei Teenager sind zunächst begeistert: "Super ist das. Endlich ist diese Sonntags-Tristesse vorbei." Dann sagt Katja: "Obwohl - eigentlich bin ich nicht dafür. Ich muss ja später dann auch sonntags arbeiten."

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