Verkaufsfernsehen:Kalkül und Überzeugungskraft

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"Ich freue mich jeden Morgen auf mein Orange-Ingwer-Duschgel": Verkaufsfernsehen wird gern belächelt - das Ehepaar Asam ist damit höchst erfolgreich.

M. Tibudd

Model Conny müsste eigentlich am besten wissen, ob das stimmt, was da fortwährend erzählt wird. Conny steht da ein wenig im Abseits und reibt. Sie reibt sich an den Wangenknochen, den Backen, der Stirn und immer wieder auch am Handrücken. Was Conny da reibt?

Verkaufsfördernd: Marcus und Mirjam Asam. (Foto: Foto: Schellnegger)

"Sie bemerken das Würzige, Scharfe des Ingwers", hört man die Stimme einer anderen Dame sagen, "Sie spüren die sahnige Textur". Die Rede ist von einer Pflegecreme Typ Orange-Ingwer, die natürlich nur die besten Eigenschaften besitzt. "Die Conny zeigt uns auch, dass sie sich sehr schön an den Hautton anpasst", hört man wieder die Dame sagen, und Conny reibt weiter, über die Schichten von Produkten der Pflegeserie "Aqua Intense", die sie sich in der vergangenen halben Stunde schon eingerieben hat.

"Die Haut verträgt das wunderbar", sagt Model Conny am Ende ihres Einsatzes, bei dem sie auch noch die Serie "Vino Gold" vorzuführen hatte.

Es ist dies eine Episode aus der Welt des Teleshoppings, dem Einkaufen über das Fernsehen also. Der Sender Home Shopping Europe (HSE 24) hat die Bilder der reibenden Conny von seinem Ismaninger Studio aus in die Welt geschickt. Vor allem ist es aber auch eine Episode aus dem Berufsleben von Mirjam und Marcus Asam. Die Eheleute sind die Chefs eines Familienunternehmens, das Kosmetikprodukte herstellt.

Die Stars des Senders

In Beilngries bei Eichstätt entstehen so seit Jahrzehnten Produkte für Markenhersteller aus aller Welt, insgesamt beschäftigt die Firma 200 Menschen. Unter dem Namen "M.Asam" entwickeln und produzieren die Asams hingegen von Unterföhring aus seit nunmehr fast sieben Jahren mit gerade einmal 20 Mitarbeitern eine eigene Linie, für die sie eine ganz spezielle Vertriebsform gewählt haben: das Teleshopping eben. Und weil sie ihre Sache ernst nehmen, stellen sich die Chefs auch seit Jahren selbst vor die Kameras und kurbeln den Verkauf an.

"Man hat beim Verkaufsfernsehen die Möglichkeit, dem Kunden ein Produkt zu erklären", sagt Marcus Asam. Er weiß, dass Teleshopping gerne belächelt wird, "aber das ist ein immer begehrterer Vertriebszweig", sagt Asam. Idealerweise erarbeite man sich ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit - was den Asams offenbar gelungen ist: Sie sind so etwas wie die Stars des Shopping-Kanals. Alle vier bis sechs Wochen gehen sie an mehreren Tagen hintereinander auf Sendung, sie preisen ihre Cremes zu unterschiedlichen Tageszeiten an, mal vor-, mal nachmittags, mal am frühen, mal am späteren Abend.

Nicht nur in Deutschland machen sie das so. Auch in den USA haben sie es geschafft, wo das Fernseh-Shopping bedeutender ist als in Deutschland. Alle zwei Monate halten sie sich deswegen in den Staaten auf und bewerben in einem der großen Verkaufskanäle dort ihre Produkte. Insgesamt erzielen sie so über das Teleshopping einen Umsatz von 50 bis 60 Millionen Euro im Jahr.

Marcus und Mirjam Asam haben also einige Routine entwickelt auf diesem Gebiet, die Formulierungen sitzen. "Ich freue mich jeden Morgen auf mein Orange-Ingwer-Duschgel", sagt Marcus Asam, das Pflegemittel habe einen "echten Suchtfaktor".

Er schildert, wie die Produkte der wichtigsten Reihe Vino Gold auf der Basis von Traubenkernöl enstehen, und außerdem: "Sie enthalten wichtige Anti-Aging-Wirkstoffe". Alt aussehen will niemand, und bei M.Asam soll das das Resveratrol verhindern, ein Stoff, der schon in der Natur die Haut von Weintrauben straff hält, "und wir isolieren den Stoff aus den Kernen der Traube für unsere Produkte".

Entlockt werden ihnen diese Aussagen von einer Mitarbeiterin des Senders: Eine Moderatorin spielt die Rolle der neugierigen Kundin, stellt Fragen - und lässt sich angemessen leicht überzeugen. "Also wenn ich als Zuschauer noch nie etwas hier bestellt hätte, jetzt würde ich das machen", sagt Gesa Thoma, die auch bei anderen Sendungen von HSE24 im Einsatz ist.

Sie fordert den Asams mitunter aber auch alle Professionalität ab, die sie sich für den Live-Betrieb vor der Kamera erarbeitet haben. "Was passiert mit einer Topfpflanze, die man nicht gießt?", fragt die Moderatorin in einem bildhaften Vergleich zum gegebenen Thema Kosmetik. "Richtig, sie sieht aus wie du, Maria", sagt sie zu der Kollegin, die am Rand der Kulisse auf ihren Einsatz in der nächsten Sendung wartet. Einen Augenblick lang scheint das uncharmante Foul die Verkaufsprofis zu irritieren, aber schnell sind sie wieder bei der Sache und beschreiben die Vorzüge von Vino Gold.

Es soll nicht beim Teleshopping bleiben, die Asams sind geschäftstüchtig genug, um sich auch in anderen Vertriebswegen Erfolg vorzunehmen. Insbesondere in Großbritannien und arabischen Ländern sollen große Ketten an den Produkten aus Ismaning interessiert sein. Auf dass auch dort Extrakte aus der Weintraube menschliche Haut straffen.

© SZ vom 14.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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