Vergewaltigung:Verurteilter Ex-Soldat wieder frei

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Weil ein Richter fünf Monate für eine Unterschrift benötigte, ist der Angeklagte, der sein damals 17 Jahre altes Opfer stundenlang brutal missbraucht hatte, frei.

Der ehemalige Zeitsoldat, der wegen der Vergewaltigung einer Bundeswehranwärterin in einer Kaserne zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt worden war, ist wieder auf freiem Fuß. Das Oberlandesgericht (OLG) München hob nach Angaben vom Montag die Untersuchungshaft des Mannes auf.

Das Urteil des Landgerichts München I ist noch nicht rechtskräftig, weil der Beschuldigte dagegen Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof (BGH) eingelegt hatte. Der 24-Jährige saß weiterhin in Untersuchungshaft, weil der gegen ihn erlassene Haftbefehl in Kraft blieb. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit setzte der 2. Strafsenat des OLG den Haftbefehl unter Meldeauflagen nun außer Vollzug. Er gab damit trotz weiterhin dringenden Tatverdachts und andauernder Fluchtgefahr des Mannes dessen Haftbeschwerde statt.

Seit zwei Jahren in Untersuchungshaft

In ungewöhnlicher Schärfe kritisierte das OLG in seiner Entscheidung die sehr späte Vorlage der schriftlichen Urteilsgründe durch das Landgericht, die zu einer unnötigen Verzögerung des Verfahrens geführt habe. "Der Angeklagte befindet sich nunmehr zwei Jahre in Untersuchungshaft. Fünf Monate hiervon beruhen ausschließlich auf der nachlässigen Sachbehandlung durch den vormaligen Strafkammervorsitzenden", hieß es in der OLG-Mitteilung.

Der Vorsitzende Richter müsse Sorge dafür tragen, dass die Urteilsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist zu den Akten gelangen, betonte das OLG. Der Vorsitzende Richter habe jedoch nach dem Urteil fünf Monate gebraucht, um das Protokoll über die Hauptverhandlung fertig zu stellen und zu unterschreiben. Diese zeitliche Verzögerung sei "weder nachvollziehbar noch hinnehmbar", zumal keinerlei Gründe wie Krankheit oder Urlaub erkennbar seien.

Das Landgericht München I hielt es für erwiesen, dass der Angeklagte sein damals erst 17 Jahre altes Opfer in der Nacht zum 30. März 2001 mit Gewalt in seine Stube geschleppt und dort stundenlang brutal missbraucht hatte. Der Vorfall ereignete sich nur drei Monate nach der gerichtlich erkämpften Zulassung von Frauen zur regulären Truppe und erregte bundesweit Aufsehen.

(sueddeutsche.de/dpa)

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