Ventilatoren ausverkauft:Die Münchner japsen nach Luft

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"Praktisch alles ausverkauft": Klimaanlagen und Ventilatoren sind wegen der extremen Hitze stark gefragt.

Nina Berendonk

Frau B. reicht es. Völlig erschöpft sitzt die alte Dame auf den Stufen, die hinauf ins zweite Geschoss des Elektrofachgeschäfts in der Schwanthaler Straße führen. Zehn wunderbare Enkel hat sie, die sie auf Trab halten und dafür sorgen, dass die 82-Jährige keinen Tag älter aussieht als 70, aber diese Hitze lässt auch die robusteste Großmutter an ihre Grenzen stoßen: "Es ist unerträglich in meiner Wohnung", japst Frau B. "Wenn wir hier nicht endlich fündig geworden wären, wäre ich an den Starnberger See ausgewandert - ich kenne dort ein Hotel mit Klimaanlage auf den Zimmern."

Die ganze Stadt hat sie zusammen mit ihrem Schwiegersohn nach einer Klimaanlage für ihre Wohnung im ersten Stock abgegrast. "Praktisch alles ausverkauft", erzählt Frau B.s Einkaufshelfer, der jetzt mit der Rechnung in der Hand von der Kasse zurückkommt, "das hier ist noch die beste Auswahl". "Das hier", das sind noch genau vier graue Kästen, die versuchen, gegen die dicke Laden-Luft anzublasen.

Wenn Familie B. das Geschäft verlässt, bleiben noch drei übrig, auf einem klebt ein gelber Zettel: "Reserviert". Es herrscht Notstand in Münchens Elektrogeschäften: Der extrem heiße und niederschlagsarme Sommer und besonders die Rekordtemperaturen der letzten Tage haben die hitzegeplagten Stadtbewohner scharenweise zum Kauf von Ventilatoren und Klimaanlagen getrieben.

Manuela Zankl wirkt, als könne sie selbst noch nicht glauben, was sich in den vergangenen Tagen in ihrer Abteilung abgespielt hat: "Am Dienstag standen hier noch zwanzig Anlagen", erzählt die Verkäuferin, "als ich nach meinem freien Tag heute wieder ins Geschäft gekommen bin, waren fast keine mehr da". Frau Zankl schaut ratlos zum Regal hinüber.

Und jetzt? Frau Zankl hebt die Schultern. "Nächste Woche erwarten wir noch eine Lieferung Ventilatoren und drei, vier Klimanlagen, aber das dürfte es dann auch gewesen sein." Von den großen Firmen wie Bosch oder Siemens kommt schon jetzt nichts mehr herein - "die haben jetzt schon auf Heizlüfter umgestellt", bemerkt Frau Zankl heizungslufttrocken.

Das ist auch in den Discountern nicht anders. In einem benachbarten Elektro-Großladen stehen noch ganze vier Klimaanlagen, "und eine letzte gibt es noch im Zentrallager in Pasing", beeilt sich der freundliche Verkäufer zu sagen. Ventilatoren: Ausverkauft. Stattdessen sind jetzt die knallbunten Mini-Kühlschränke im Angebot - Platz genau für ein Sixpack Bier, das Ganze für 99 Euro.

Christine Stephan und Peter Birling wollen keinen Mini-Kühlschrank, sondern einen Fön. Sie haben das passende Modell schon gefunden und stehen jetzt vor den verbleibenden Klimaanlagen. "Eigentlich haben wir gar keinen Platz für sowas", erzählt Christine Stephan, "aber bei diesen Temperaturen kommt man ja auf die verrücktesten Gedanken."

"Eine unglaubliche Hitze" haben die beiden in ihrer Dachwohnung im vierten Stock, aber trotzdem: Eine so teure Anschaffung, das muss nicht sein, findet Christine Stephan. Ihre Methode gegen die Backofen-Temperaturen in der Stadt: "An den See fahren, das ist viel schöner" - und billiger allemal.

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