Valentins Nachfolger:Bei aller Liebe!

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Kaum ist einer mal ein bisschen komischer als der Durchschnitt, schon wird er als "legitimer Nachfolger Karl Valentins" gehandelt. Das treibt bisweilen bizarrste Blüten. Hier eine kleine Galerie jener, die immer wieder mit Karl Valentin in Verbindung gebracht werden.

Herbert Achternbusch

(Foto: Foto: ap)

Im Grunde ist Achternbusch kein Nachfolger von Valentin, sondern seine Negativform. Der Valentin ist verhungert, Achternbusch schüttet Weißbiere in sich hinein.

Der Valentin sprach durchs Schweigen, Achternbusch schweigt per nicht endender Suada. Während Valentin analysierte, schäumt Achternbusch. Über die Stadt, ihre Bewohner und darüber, dass er noch keinen Brunnen auf dem Viktualienmarkt hat.

Gerhard Polt

(Foto: Foto:)

Das ist schon nahe dran, zugegeben. Polts Fähigkeit, die Sprache des Volks bis zur Kenntlichkeit zu karikieren und zu verfremden, erinnert oft an die besten Sketche Valentins. Man denke nur an "Nikolausi - Osterhasi". Polt selbst aber würde sich nie mit dem Universalgenie Valentin vergleichen wollen, dazu verehrt er ihn viel zu sehr. Außerdem: Physiognomisch und von der Statur her ist er als Valentin-Double leider völlig ungeeignet.

Georg Ringsgwandl

Seit bald 20 Jahren zum "Karl Valentin des Rock" befördert, ist Ringsgwandl in Vielem nah dran: Vom "Gstell" über den "vogelwilden" Slapstick und die Maskeraden bis zur anarchischen Vorliebe fürs Schräge im bayerischen Alltag. Dass beim singenden Ex-Krankenhausarzt ein Schuss Bob Dylan dazu kommt - vielleicht wäre der Valentin auch noch Protestsänger geworden, wäre er nicht vor der Erfindung des Rock 'n' Roll gestorben.

Christian Ude

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb über den Münchner Oberbürgermeister mit Hang zur Kleinkunst: "Ude, der Karl Valentin der deutschen Kommunalpolitik."

Das spricht für sich.

Helge Schneider

Dass Helge Schneider der legitime Nachfolger von Karl Valentin sei, behaupten nur Menschen mit humoristischem Halbwissen. Helge Schneider ist sehr wahrscheinlich der Sohn von Karl Valentin, noch wahrscheinlicher ist er Karl Valentin selber.

Beide haben ein gemeinsames zoologisches Werk geschrieben, besser gesagt: Karl hat es als Valentin zu stricken begonnen und als Helge zur Meisterreife geschneidert. Es handelt sich um den Zyklus "Maskenball der Tiere" respektive "Vogelhochzeit", und es ist eine schöne Aufgabe, herauszufinden, welcher Valentin, Karl oder Helge, geschrieben hat: "Das Dromedar, das Dromedar aß zur Verstärkung Kaviar."

Oder auch: "Der Adler, der Adler, der trinkt den ganzen Abend nur Radler."

(Foto: Foto: dpa)

Bully Herbig

Kollegen meinten es einmal gut und titelten über Bully Herbig: "Der lustigste Münchner seit Karl Valentin."

Herbig gab später in einem Interview zu, dass ihm das sehr geschmeichelt habe, denn eigentlich habe er gar keine Ahnung von Valentin. Das glaubt man ihm sofort. Valentin war im Gegensatz zu Herbig nicht lustig. Er war viel mehr. Er war komisch.

(Foto: Foto: Robert Haas)

Sir Peter Jonas

Als Intendant der Bayerischen Staatsoper verstand es Sir Peter, ein gänzlich der sogenannten Wirklichkeit widerstrebendes System, das der Oper nämlich, zur Realität zu erheben.

Ebenso wie Valentin ist er durchdrungen von der Erkenntnis, dass das, was gemeinhin von 99 Prozent der Bevölkerung für die Wirklichkeit gehalten wird, nur eine Annahme zum besseren Überleben sei. Sir Peter ist also Valentin - und auch nicht. Er lebt nämlich noch.

(Foto: Foto: Reuters)

Helmut Kohl

Dass er ausgerechnet am Rosenmontag 1948 starb, hat Karl Valentin nicht vor lustigen Anschlägen bewahrt, die Narren in seinem Namen verüben. Ein zuverlässiger Kandidat für Missgriffe dieser Art ist die Münchner Faschingsgesellschaft Narrhalla, die seit 1973 ungefragt den Karl-Valentin-Orden verleiht.

Viele der Ausgezeichneten - etwa Jürgen Möllemann oder Joseph Kardinal Ratzinger - verdingten sich weniger als Humoristen denn als eine Zielscheibe für solche. Komisch ist allenfalls, dass manche - ganz im Unterschied zum Namensgeber - dank ihres Körperumfangs kaum zu verfehlen sind für Spitzen der Possenreißer.

Nach Franz Josef Strauß im Jahr 1977 wurde zum Beispiel Helmut Kohl 1984 der Karl-Valentin-Orden für besondere Verdienste um den Humor verliehen. Auch das ein Witz.

(Foto: Foto: WDR)

Olli Dittrich

Der dezidiert norddeutsche Komik-Darsteller Olli Dittrich ("Dittsche") ist physiognomisch, sprachlich und gattungsmäßig, ja kulturhistorisch das glatte Gegenteil vom Valentin.

Weil er aber Franz Beckenbauer ordentlich parodieren kann, ist er erste Wahl für die Titelrolle in Jo Baiers geplanter Verfilmung von Karl Valentins Leben. Wird womöglich ähnlich durchschlagend wie der Rheinländer Jürgen Tarrach als Walter Sedlmayr.

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