Urteil:"Es ist ein bisschen eskaliert"

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Zwei Männer haben einen Jungen dazu gezwungen, sein Bankkonto zu plündern. Die Täter wurden nun wegen gefährlicher Körperverletzung und räuberischer Erpressung verurteilt.

Dominik Stawski

Als Sven G. (Name geändert) mitten in der Nacht zum Handy greift, ist es vielleicht gerade eine Stunde her: Da hat er gemeinsam mit seinem Arbeitskollegen Steffen T. (Name geändert) einen Schüler geschlagen, ihn bedroht, Bargeld von ihm erpresst und dessen Konto leergeräumt. Jetzt tippt Sven G. los, schreibt eine SMS an Steffen T.: "Alles klar, Gangster. Wir haben's drauf, Mann! Safe."

Die Täter fühlten sich zunächst sicher: "Alles klar, Gangster. Wir haben's drauf, Mann! Safe", schrieb einer in einer SMS an seinen Kumpel. Im Bild: Ein Kunde hebt an einem Automaten Geld ab. (Foto: Foto: dpa)

"Safe" heißt übersetzt sicher. Aber Sven G. und Steffen T. waren zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr sicher. Nachdem sie ihr 20-jähriges Opfer mehrfach geschlagen hatten, zwangen sie es in einen Bankschalter, um Geld von dessen Konto abzuheben. Eine Kamera filmte die Szene, damit starteten die Ermittlungen. Vor dem Amtsgericht Dachau wurden die beiden nun wegen gefährlicher Körperverletzung und räuberischer Erpressung zu je 21 Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt. Sie gestanden die Tat.

"Dummheit"

Im August letzten Jahren machen sich die beiden Arbeitskollegen Steffen T. und Sven G., 30 und 25 Jahre alt, gegen zwei Uhr nachts von einer Dachauer Kneipe auf den Heimweg. Zufällig stoßen sie auf Martin M. (Name geändert). Sie greifen den Schüler an, schlagen ihm ins Gesicht. Martin M. kann zunächst davonlaufen, aber nach einigen hundert Metern kommt es zur zweiten Attacke. "Dann habe ich noch einmal kassiert", erinnert sich das Opfer. Steffen T. und Sven G. bedrohen den Schüler, bringen ihn soweit, dass er ihnen seine Geldbörse samt 20 Euro Bargeld gibt. Das reicht ihnen nicht. Sie bringen ihr Opfer zur nächsten Bank, drohen ihn mit weiteren Schlägen, falls er sein Konto nicht leerräumen lässt. 1500 Euro will Sven G. abheben, aber so viel hat Martin M. nicht. 550 Euro spuckt der Automat aus. Die Angeklagten stecken das Geld ein, hauen ab. Wenig später schreibt Sven G. die SMS.

Und neun Monate später sitzen die beiden im Gerichtssaal. "Wie kommt man darauf?", will Richter Lukas Neubeck von den Angeklagten wissen. "Dummheit", sagt Steffen T. "Das ist keine Dummheit, keine Kurzschlussreaktion, das sieht geplant aus", sagt der Richter. "Wir dachten, wir stecken sowieso schon so tief drin", sagt Sven G. "Es ist ein bisschen eskaliert."

Die beiden verteidigen sich: Sie seien völlig betrunken gewesen, hätten kaum laufen können. Martin M. habe sie provoziert. Und Martin M. sei auch auf die Idee mit dem Geldautomaten gekommen, er habe ihnen das freiwillig angeboten. Keines dieser Argumente überzeugt das Schöffengericht. "Wenn es die Idee von Martin M. gewesen ist, wieso sind dann Schläge nötig?", fragt der Richter. Eine Antwort geben die Angeklagten nicht.

Erpresstes Geld zurück gezahlt

Später in der Verhandlung sagt Sven G.: "Wir haben danach schon gemerkt, dass wir Scheiße gebaut haben." Das erpresste Geld haben die Angeklagten inzwischen zurückgezahlt. Steffen T. hat außerdem 1200 Euro Schmerzensgeld an Martin M. bezahlt. "Mein Mandant hat Rückgrat bewiesen", sagt sein Rechtsanwalt.

Das Gericht folgt trotz der Reue der Angeklagten der Forderung des Staatsanwalts. Neben der Bewährungsstrafe muss Steffen T. 1800Euro Geldstrafe zahlen, Sven G. - weil er bis heute kein Schmerzensgeld an Martin M. zahlte - 2800 Euro.

© SZ vom 26.05.2009/pfau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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