Urteil des Oberlandesgerichts:Teurer Spaß auf eigenen Wunsch

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Er wünschte sich "Hot Sex" und bekam eine heiße Telefonrechnung. Ein Erotik-Fan wollte die Bezahlung für das Sex-Surfen umgehen. Doch das Gericht akzeptierte seinen Versuch, sich aus der Affäre zu ziehen, nicht.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Fast 6000 Euro sollte ein Münchner für seine erotischen Online-Abenteuer bezahlen. Völlig ernüchtert überlegte der Mann, wie er die Rechnung umgehen könnte.

Da fiel ihm ein Urteil des Bundesgerichtshofs ein: Der BGH hatte kurze Zeit zuvor entschieden, dass jemand die "erhöhte Vergütung" für Verbindungen über eine 0190-Nummer nicht zu bezahlen brauche, da diese Anwahl über einen heimlich in seinem Computer installierten "Dialer" erfolgt sei.

Deshalb weigerte sich der Münchner zu zahlen und ließ sich von seiner Telefongesellschaft M-Net verklagen, erlitt jetzt jedoch endgültig Schiffbruch.

1,84 Euro pro Minute hatte die 0190er Nummer gekostet, die der Münchner über den "Dialer" eines niederländischen Online-Sex-Dienstleister angewählt hatte. 20000 Hardcorefilme, 20 Live-Sex-Shows und 100 000 heiße Fotos lockten dort.

Dieses Dialer-Programm nannte sich zwar "gratis-zugang.de", in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen war jedoch eindeutig auf die "Freischaltung für alle kostenpflichtigen Erotikbereiche" hingewiesen worden. 3174 Minuten verbrachte der Münchner auf der heißen Homepage, dafür wurden schließlich 5840 Euro fällig.

Er habe gedacht, es sei ein kostenloser Service

Der ernüchterte Sex-Freund argumentierte vor Gericht: "Ich war der Meinung, dass es sich um einen kostenlosen Service handelt, der durch Sex-Werbung finanziert wird." M-Net habe das Risiko des Missbrauchs der 0190-Nummer zu tragen, da die Telefonfirma auch nur einen Teil des erhöhten Entgeltes abführe.

Die lokale Telefonfirma - Gesellschafter sind die Stadtwerke München, die Bayerische Landesbank und die Stadtsparkasse München - erklärte darauf hin, dass routinemäßig für alle Kunden die gefährlichen 0190ger-Nummern gesperrt worden seien. Der Beklagte habe aber ausdrücklich auf die Aufhebung dieser Sperre für seinen Anschluss bestanden.

Das Landgericht München I hatte, wie berichtet, der Klage des Providers stattgegeben. In der Begründung meinten die Richter: Der Betroffene hätte sich leicht vor den hohen Kosten schützen können, wenn er die Servicebedingungen gelesen und die Warnungen seines Telefondienstleister beachtet hätte.

Stets von sich aus wieder eingewählt

Im Übrigen habe der "Dialer" alle Stunden automatisch die Verbindung gekappt - der Kläger habe sie dann stets von sich aus wieder neu angewählt. Im übrigen sei allgemein bekannt, "dass Erotik-Service-Leistungen etwas kosten".

Das Rechtsmittel dagegen hat der 15. Senat des Oberlandesgerichts München durch Beschluss einhellig zurückgewiesen. Die Richter waren der Meinung, dass der Beklagte selbst die Einwahlsoftware, den Dialer, herunter geladen dann die Verbindung zu dem Erotikservice aufgebaut habe.

Auch wenn der Dateiname "gratis-zugang.de" missverständlich sei, so ergebe sich "bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt" zumindest aus dem weiteren Wortlaut des Internetfensters, dass der angebotene Erotikservice kostenpflichtig sei.

Hinzu komme, dass der Beklagte auch von M-Net auf die Kosten von Service-Rufnummern hingewiesen wurde, er gleichwohl aber ausdrücklich die Freischaltung beantragt habe.

Beim BGH-Urteil habe der Fall anders gelegen: "In dieser Entscheidung ging es im Gegensatz zum vorliegenden Sachverhalt darum, ob ein Kunde Vorkehrungen gegen ein heimlich installiertes Einwahlprogramm, einen so genannten Dialer, treffen muss" (Aktenzeichen: 15 U 3106/04).

© SZ vom 8.9.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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