"Unser Kampf geht erst jetzt richtig los":Kneipen - nur für Mitglieder

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Wirte suchen nach Schlupflöchern im neuen Nichtraucherschutzgesetz und planen ein Volksbegehren

Jan Grossarth

Bayerns Wirte werden auf der Suche nach Schlupflöchern im vor wenigen Tagen verabschiedeten Nichtraucherschutzgesetz immer kreativer. Der "Verein zum Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur" (VEBWK), eine erst vor knapp vierzehn Tagen gegründete Interessenvereinigung, denkt jetzt darüber nach, eine sogenannte "Clublösung" im großen Stil durchzusetzen: So könnten sich dem Dachverband interessierte Gastronomen in ganz Bayern mitsamt ihren Gästen anschließen und gewöhnliche Kneipenabende als "Vereinssitzung" deklarieren, hieß es am Freitag auf einer Pressekonferenz.

(Foto: Foto: dpa)

Dadurch könnte ein einziger Mitgliedsausweis Zutritt zu Raucherkneipen - juristisch dann "Vereinsfilialen" - von Aschaffenburg bis Berchtesgaden verschaffen. Wirte wären zum Beispiel "Vollmitglieder", Gäste "Gastmitglieder". Eine Sprecherin des Ministeriums für Verbraucherschutz bezeichnete diese Pläne als nicht zulässig, weil der Ausweis des Dachverbandes nicht genüge: "Man muss Mitglied sein bei der jeweiligen Kneipe."

Im neuen Gesetz steht das aber nicht. Jedoch sind die Auflagen für Vereinslösungen streng: Die Mitglieder müssen namentlich bekannt sein, die Tür zur Kneipe muss verschlossen oder von einem Kontrolleur bewacht sein. Seitens der Wirte besteht offensichtlich bereits großes Interesse an individuellen "Clublösungen", bei der eine Kneipe zur geschlossenen Gesellschaft wird, in der das Rauchen laut Gesetz erlaubt ist.

Beim Münchner Kreisverwaltungreferat habe es allein am Donnerstag, einem Tag nach Verabschiedung des Rauchverbots, über 200 Anfragen gegeben, wusste VEBWK-Landesgeschäftsführer Heinrich Kohlhuber zu berichten.

Auch einen Volksentscheid will der Gastronomenverein, dem sich nach eigenen Angaben bereits mehrere hundert Wirte angeschlossen haben, vorantreiben. "Dabei geht es uns nicht nur um das Rauchen, sondern darum, die Bevormundung und Gängelung durch den Staat und den Eingriff in die Gewerbe- und Eigentumsfreiheit zu thematisieren", sagte der Vorsitzende Franz Bergmüller. Als Termin dafür nannte er die kommende Landtagswahl im September 2008. Zunächst müsste der Verein dafür knapp 900 000 Unterschriften sammeln.

Nachdem der Landtag am Mittwoch das zum 1. Januar in Kraft tretende und bislang bundesweit rigoroseste Rauchverbot für öffentliche Räume und Gaststätten beschlossen hat, ist die Emotionalität der betroffenen Wirte merklich gestiegen: "Das Gesetz ist nun da, aber ich sage Ihnen, dass unser Kampf erst jetzt richtig losgeht", drohte Bergmüller. Bei Weißwurst und Hellem, jedoch ohne Zigarette ("wir sind Nichtraucher") zeichneten mehrere Wirte ökonomische Schreckensszenarien: In der "getränkeorientierten Gastronomie" stünden Existenzen auf dem Spiel.

Die Erfahrungen aus Irland und Schottland hätten gezeigt, dass dortige Kneipen durch Rauchverbote Umsatzeinbußen im zweistelligen Prozentbereich erlitten hätten und rund tausend Bars schließen mussten. Der VEBWK zeigte sich insbesondere von der CSU enttäuscht. "Wir bedauern aufs Tiefste, dass die CSU alle Argumente ignoriert", sagte Franz Bergmüller.

Neben dem Aufbau einer Vereinsstruktur und der Organisation des Volksentscheides erwägt der Verband daher auch, für die kommenden Landtagswahlen in Bayern eine Wahlempfehlung für die FDP auszusprechen.

"Pschorr"-Wirt Jürgen Lochbihler erwartet 20 Prozent Umsatzeinbuße. Für Einraum-Großbetriebe wie den "Pschorr" wird auch eine Clublösung wenig helfen - die würde wohl mehr Touristen abschrecken als Raucher anlocken. Aber schon ein zweiter Raum könnte für Mitglieder des Rauchervereins geöffnet werden - als "Clubraum".

© SZ vom 15.12.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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