Unglücksfall:Junge ertrinkt in den Armen des Vaters

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Todesfalle Eisbach: Vierjähriger bleibt in Schleuse stecken - alle Rettungsversuche scheitern.

Von Claudia Wessel

(SZ vom 25.08.2003) — Die Bade-Idylle wird zum Schauplatz des Schreckens: Am Samstag gegen 13.30 Uhr ist am Wasserfall des Eisbachs nahe der Prinzregentenbrücke ein vierjähriger Junge ertrunken. Er war in dem 1,45 Meter tiefen Wasser getaucht, von der Unterströmung mitgerissen und im Wehr eingeklemmt worden. Am Sonntagnachmittag verunglückte eine Frau, sie wurde gerettet.

Der vierjährige Münchner Bub badete mit seinem Vater und seinen 9, 13 und 14 Jahre alten Brüdern an dem turbulenten Wasserfall, der derzeit von zahlreichen jungen Leuten als Badestelle genutzt wird. Möglicherweise wähnte ihn der 47-jährige Vater in Ufernähe in Sicherheit.

Von der Unterströmung mitgerissen

Doch gerade dort lauerte eine unwägbare Gefahr: Während der Kleine um die Füße des Vaters herumtauchte, wurde er plötzlich von der starken Unterströmung mitgerissen. Der Körper des Jungen glitt durch das Wehr, der Kopf jedoch passte nicht hindurch und blieb hängen. Die einzige Möglichkeit, das Kind herauszubekommen, wäre gewesen, es gegen die Strömung zu ziehen.

Das jedoch war weder dem Vater, noch zahlreichen Passanten und Rettungskräften möglich, die mit vereinten Kräften zogen und verzweifelt um das Leben des Buben kämpften. "Da bilden sich tonnenschwere Kräfte, die einfach nicht zu überwinden sind", sagt Werner Poppitz vom Malteser Hilfsdienst, der bei dem Rettungseinsatz dabei war und am Sonntag zur Vorbereitung einer Nachbesprechung eine Ortsbesichtigung gemeinsam mit seinem Vorgesetzten Andreas Hänsel vornahm.

Durch Zufall trafen die beiden am Sonntag gegen 14 Uhr genau in dem Moment ein, in dem beinahe noch ein Mensch ertrunken wäre. Drei junge Männer hatten gerade eine Frau aus dem Wasser gezogen, die durch lautes Schreien auf sich aufmerksam gemacht hatte. Damit retteten sie ihr das Leben.

Hänsel zufolge hätte diese Frau keine Chance gehabt: "Sie hat sich treiben lassen und ist unter Wasser mit dem Knie gegen einen Felsen gestoßen. Das Knie wurde ausgekugelt. Sie muss wahnsinnige Schmerzen gehabt haben und hätte mit Sicherheit nicht mehr aus eigener Kraft weiterschwimmen können. Es war Zufall, dass die drei Männer in der Nähe waren."

Lebensgefährliches Vergnügen

Ein abkühlendes Bad im Eisbach ist bei den Münchnern sehr beliebt. Was allerdings so amüsant und abenteuerlich aussieht, ist also tatsächlich ein lebensgefährliches Vergnügen - nicht nur für Kinder, sondern auch für Erwachsene. Bei der Bayerischen Schlösser- und Seenverwaltung, die den Eisbach verwaltet, weiß man um diese Gefahren durchaus, weshalb sie Schilder aufgestellt hat, die auf das Badeverbot hinweisen.

Bei den derzeitigen Temperaturen interessiert das jedoch niemanden. "Ein grauenvolles Unglück", sagt Egfried Hanfstaengl, Chef der Schlösser- und Seenverwaltung.

Die Feuerwehr, die am Samstag schnell alarmiert wurde und der es schließlich gelang, das Wehr zu öffnen, sodass der Körper des Buben heraus gespült wurde, konnte seinen Tod nicht verhindern. "Es war schrecklich für alle Helfer und Einsatzkräfte, dass wir 15 Minuten lang hier standen und quasi zusehen mussten, wie das Kind ertrank", sagt Poppitz.

Doch die Kräfte, die durch eine starke Wasserströmung entstehen, seien einfach viel zu groß.

Nachdem das Wehr offen war, wurde der Junge noch mit einem Rettungswagen und unter Wiederbelebungsmaßnahmen in eine Kinderklinik gebracht. Dort starb er jedoch gegen 14.45 Uhr. Die Angehörigen und Zeugen des Unfalls erlitten einen Schock und mussten vom Kriseninterventionsteam behandelt werden.

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