U1 Georg-Brauchle-Ring:Schlaglöcher hinterm Hochhaus

Katarina Bader

Wie sieht ein Legohaus aus der Perspektive eines Legomännchens aus? Wer das wissen will, sollte zum Georg-Brauchle-Ring fahren: Violette, orange, giftgrüne und knallrote Quadrate bedecken die Wände der Station. Wenn es "schreiende Farben" gibt, ist es hier optisch verdammt laut. München spielt hier modern. Die Gesichter der Leute wirken dadurch aber nicht weniger grau und müde. Die Bäckerei im Zwischengeschoss heißt "Backshop am Tower". Draußen ragt ein Hochhaus glasig in den Himmel: der Uptown-Tower. Der Vision nach soll die im Oktober 2003 eröffnete U-Bahn-Station bald Büromenschen morgens ausspucken und abends wieder verschlucken. Doch wenn man weder nach oben, noch in die Zukunft blickt, sieht es am Georg-Brauchle-Ring ganz anders aus: Die Straße hinter dem Hochhaus hat Schlaglöcher. Auf dem Hof eines Gebrauchtwarenhändlers steht in der Abteilung "Fast-Neu-Wagen" ein Opel-Astra, tiefergelegt mit Breitreifen. Im Keller des Nachbarhauses lädt der FKK-Club "Eden" täglich von 11 bis 4 Uhr. Eine Straße weiter stehen schicke neue Wohnblocks - moderne Architektur. Ein Mieter ist schon eingezogen und hat die Fenster mit Spitzengardinen und violett-geblümten Vorhängen verhängt. Ein Hund aus Porzellan steht auf dem Fensterbrett. München spielt hier modern, aber nicht alle spielen mit.

Die U-Bahnhaltestelle Georg-Brauchle-Ring (Foto: Foto: ddp)

Wer steigt da aus: FKK-Club-Gänger, Gardinenfans und Legomännchen. Warum fährt man da hin: Um sich ein Auto zu kaufen. (drei Gebrauchtwagenhändler im Umkreis von 400 Metern) Beim nächsten Mal hier: In den Tower schmuggeln und ganz nach oben fahren.

© jetzt.de vom 13.07.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: