U-Bahn-Unfall:Sehbehinderte fällt zwischen zwei Waggons

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Geistesgegenwärtige Fahrgäste haben einer 24-Jährigen das Leben gerettet. Die sehbehinderte Frau war zwischen zwei Wagen gefallen — die Bahn fuhr trotzdem los.

Von Monika Maier-Albang

(SZ-Artikel vom 20.9.2003)— Nur knapp dem Tod entronnen sind zwei sehbehinderte Menschen bei Unfällen in Münchner U-Bahnhöfen. Eine 24-jährige Frau fiel am Donnerstagabend beim Versuch, im Bahnhof Untersbergstraße in einen Zug einzusteigen, zwischen zwei Waggons. Die Frau, die stark sehbehindert ist und mit einem Blindenstock unterwegs war, hatte nach Polizeiangaben lediglich links und rechts an die Waggons geklopft, nicht aber unten an den Einstiegsbereich. So war sie davon ausgegangen, dass sie sich an einem Eingang befindet. Sie ging los - und trat ins Leere.

Der Fahrer merkte nichts

Doch die Frau hatte riesiges Glück. Zwei Fahrgäste, die am Bahnsteig standen, bemerkten den Unfall und klopften wie wild gegen die Scheiben, um die Menschen im Zug zu alarmieren. Der 44-jährige Fahrer der U2 bemerkte von dem Vorfall nichts. Er fertigte den Zug wie gewohnt ab und fuhr los. Geistesgegenwärtig zog ein Fahrgast die Notbremse. "Zu dem Zeitpunkt war der Zug bereits ein, zwei Meter gefahren", sagt Polizeisprecherin Eva Völkl. Die Frau kam mit Hautabschürfungen und einer Bänderdehnung glimpflich davon.

Ein weiterer Sehbehinderter fiel am Freitagmorgen auf die Gleise. Der ebenfalls 24-jährige, blinde Mann hatte nach Angaben der Feuerwehr am U-Bahnhof Kieferngarten die Bahnsteigkante übersehen. Gerade noch rechtzeitig rollte sich der 24-Jährige zur Seite weg in den Rettungstunnel, als er die U-Bahn einfahren hörte. Als der Zug vor ihm zum Stillstand kam, krabbelte der Mann zurück auf den Bahnsteig. Nach einer Untersuchung durch den Rettungsdienst setzte er seine Fahrt unverletzt fort.

"Ein sicheres Verkehrsmittel für uns"

Nach Einschätzung des Bayerischen Blindenbundes ist die U-Bahn an und für sich "ein sicheres Verkehrsmittel für uns", so Sprecherin Elke Schaafhausen. Sie erstaunt es selbst, dass jemand "in so einen engen Spalt fallen kann", wie es der Frau geschehen ist. Die Tastrillen entlang der U-Bahnsteige seien für sehbehinderte und blinde Menschen eine große Hilfe.

Auch die Deutsche Bahn habe deshalb versprochen, ihre S-Bahnhöfe entsprechend nachzurüsten. Probleme gebe es jedoch immer wieder mit den neuen U-Bahn-Zügen: Die Lichtschranken in den Türen sind dort so angebracht, dass Taststöcke oft nicht registriert werden. Es sei schon öfter vorgekommen, dass ein Blinder eingequetscht oder sein Stock zwischen den Türen zermalmt wurde, so Schaafhausen. "Da bist du aufgeschmissen und kommst allein nicht nach Hause."

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