TU sucht Probanden:Herzenssache Marathon

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Immer mehr Läufer wagen sich an die Langdistanz - eine extreme Belastung für das Herz. Die TU sucht für eine Studie Probanden, die am München Marathon im Oktober teilnehmen.

Michael Ruhland

In den siebziger Jahren galten Menschen, die sich als persönliche Herausforderung einen Marathon vorgenommen hatten, noch als Exoten, um nicht zu sagen: Spinner. Wer, bitteschön, läuft schon freiwillig 42,195 Kilometer? Inzwischen gehört es fast schon zum guten Ton, wenn man auf einer Party im Kreise nicht mehr ganz junger Männer über richtiges Schuhwerk, neueste Pulsmesser und genießbare Flüssignahrung mitparlieren kann.

Laufen, bis die Beine brennen: Die Teilnehmerzahlen des München-Marathons steigen von Jahr zu Jahr, viele unterschätzen aber das Risiko der extremen Belastung. Die TU startet nun eine Studie. (Foto: Foto: Catherina Hess)

Es gibt kaum noch eine mittelgroße Stadt in Deutschland, die nicht einen eigenen Marathonlauf auf die Beine stellt. München rangiert dabei nach Berlin, Hamburg, Köln und Frankfurt an fünfter Stelle. 6795 Läufer kamen im vergangenen Jahr mehr oder weniger heil ins Ziel, einige hundert blieben mit Krämpfen oder kollabierendem Kreislauf auf der Strecke.

"Viele sind sich nicht im Klaren darüber, dass ein Marathonlauf eine enorme Belastung für das Herz-Kreislauf-System bedeutet", warnt Henner Hanssen. Laufen sei erwiesener Maßen gesund, sagt der Arzt am Zentrum für Prävention und Sportmedizin der TU München. Doch müsse man sich durch kontinuierliches Training langsam an eine derartige Extrembelastung herantasten - sonst drohten eine Überbelastung des Herzens.

Forschungsergebnisse von weltweiter Bedeutung

Hanssen beschäftigt sich seit Jahren mit dem Ausdauersport und plant zum München Marathon im Oktober erneut eine groß angelegte Studie. Gesucht sind 150 Männer im Alter von 30 bis 60 Jahren, die sich einen Marathon vorgenommen haben und sich dabei wissenschaftlich begleiten lassen.

Ärzte der TU untersuchen die Probanden im September eingehend, entscheidend ist jedoch der große Tag am 12. Oktober: Gleich nach dem Zieleinlauf können die Teilnehmer per neuem Ultraschall-Verfahren einen Blick in ihr Innerstes mitverfolgen. Die Wissenschaftler erhoffen sich von dem 3-D-Echo des Herzens Aufschlüsse darüber, inwieweit sich die Wandbewegungen des Herzens durch die enormen Belastungen verändern.

"Bislang gibt es noch keine Studie mit so vielen Teilnehmern und so detaillierten Daten", sagt Johannes Scherr, der die Untersuchung zusammen mit Hanssen und dem Professor Martin Halle betreut. Die Sportmediziner an der TU erwarten Forschungsergebnisse "von weltweiter Bedeutung", so Scherr.

Ist Leistungsfähigkeit erblich bedingt?

Schon im vergangenen Jahr hatten die Wissenschaftler eine aufwändige Marathon-Studie initiiert, an der 60 Männer teilnahmen. Ziel war es dabei vor allem aufzuzeigen, wie sich extreme Laufbelastungen jeweils auf Leistungssportler, Freizeitläufer und übergewichtige Marathon-Aspiranten auswirken. Die riesige Datenmengen werden immer noch ausgewertet.

Schon jetzt steht laut Henner Hanssen aber fest, dass mit einem vorherigen Gesundheitscheck und einem auf den jeweiligen Fitnesszustand abgestimmten Training das Risiko, Schäden am Herzen davonzutragen, minimiert werden kann.

Die neue Studie hat zudem einen Aspekt im Blick, der bislang noch kaum untersucht wurde: die genetische Disposition des einzelnen Läufers. "Wir wollen herausfinden, ob die Leistungsfähigkeit auch erblich bedingt ist", sagt Hanssen.

Wer an der Studie teilnehmen will, kann sich unter www.sport.med.tum.de anmelden. Gesucht sind 150 Probanden aller Leistungsgruppen, auch Marathon-Neulinge und Übergewichtige. Telefonische Anmeldung unter 089/28924419.

© SZ vom 30.07.2008/af/jh - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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