Treugast-Chef Stephan Gerhard:"Ein gelobtes Land für die Hotellerie"

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Sind 393 Hotels in München nicht genug? Nein, findet Treugast-Chef Stephan Gerhard. Warum er trotz zahlreicher Neubauten noch weiteren Bedarf in München sieht und warum es vor allem internationale Ketten nach München zieht.

Melanie Staudinger

Gerade hat das Mariott-Hotel am Ostbahnhof eröffnet, die Bayerische Hausbau plant ein Haus in der Bayerstraße und auch in der Albert-Roßhaupter-Straße, in der Arnulfstraße und am Schwabinger Tor sollen große Hotels entstehen. Und das schadet nicht, findet Stephan Gerhard, Chef der internationalen Beratungsfirma Treugast mit Sitz in München, die sich auf das Gastgewerbe spezialisiert hat.

Wenn es nach Treugast-Chef Stephan Gerhard geht, reicht die Bettenkapazität in München nicht aus - neue Hotels sollen gebaut werden. (Foto: iStockphoto)

In München gibt es derzeit 393 Hotels mit 32.537 Betten. Reicht das nicht aus?

Im statistischen Durchschnitt würden diese Kapazitäten ausreichen, weil nicht immer alle Zimmer ausgelastet sind. Doch auch München hat Tage, an denen alle Zimmer belegt sind, zum Oktoberfest etwa oder zu großen Messen. Und die Gäste haben inzwischen differenzierte Wünsche. Die einen machen Ferien, die anderen kommen beruflich oder wollen ihre Hochzeit feiern. Auf diese Bedürfnisse muss die Münchner Hotellerie reagieren. Hier gibt es Bedarf.

Es entstehen immer neue Hotels. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?

Wir haben ermittelt, dass es in München in den kommenden zwei bis drei Jahren etwa 2100 neue Zimmer, also 4200 neue Betten geben wird. Das sind zum einen neue Hotels in bestimmten Stadtteilen, in denen es zu wenige Kapazitäten gibt, denn nicht alle Menschen wollen ja in der Innenstadt wohnen. Aber auch im Zentrum entstehen neue Hotels. Einige dieser Projekte gehen auf spezielle Gästebedürfnisse ein. Es sind Designhotels oder Hotels für Gäste, die etwas länger bleiben wollen. Dass hier besondere Interessengruppen bedient werden, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Häuser den bestehenden Hotels auch Gäste abwerben werden.

Die Statistik des Tourismusamts zeigt, dass die Bettenauslastung 2010 bei durchschnittlich 57 Prozent lag. Machen sich so viele Hotels nicht gegenseitig kaputt?

Im Schnitt beträgt die Bettenauslastung in Deutschland unter 38 Prozent. Damit ist die Quote in München hervorragend. München ist eigentlich ein gelobtes Land für die Hotellerie, wie vielleicht noch Hamburg oder Berlin. Deshalb drängen ja viele in die Stadt, auch in Deutschland eher unbekannte Ketten wie Dusit aus Thailand eröffnen hier Häuser. Und es gibt noch genügend Hotelgesellschaften, die sich - zusätzlich zu den schon feststehenden Projekten - gerne noch hier ansiedeln würden. Bis heute etwa gibt es zum Beispiel kein Steigenberger-Hotel in der Stadt.

Sind Konkurrenz und Überkapazität in allen Hotelklassen gleich ausgeprägt?

Das ist bisher relativ ausgeglichen, wird sich meiner Einschätzung nach aber ändern. Gerade im Vier-Sterne-Bereich wird der Druck zunehmen und spürbarer werde. Von den geplanten Projekten sind gut 40 Prozent in diesem Segment. Doch gerade Vier-Sterne-Häuser sind stark der Konjunktur unterworfen, weil sie sich oft an Geschäftskunden wenden. Bricht die Wirtschaft ein, buchen die Firmen lieber günstigere Hotels.

Laut dem Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband befinden sich etwa 80 Prozent aller Münchner Hotels im Zentrum der Stadt, die meisten davon rund um den Hauptbahnhof. Ist das von Vorteil?

Es ist durchaus als Aufwertung des Standorts zu sehen, wenn es Gegenden wie die Bayerstraße gibt, in denen viele Hotels sind. Das bringt Leben in die Stadt. Touristen wollen nicht irgendwo leben, sondern nah am Zentrum. Auch läuft das Geschäftsleben in München relativ zentral ab, viele Firmen haben ihren Sitz in der Innenstadt. Im Münchner Osten und am Flughafen entstehen gerade neue Hotel-Zentren. Diese Verteilung ist zielgruppengerecht und damit gesund.

Wie sieht es mit Hotels in der Region um München aus?

Für die Stadt München sind sie in Hochfrequenzzeiten wichtig, sonst eher nicht. Die Stadt hat mittlerweile genügend Kapazitäten, so dass nur noch wenige Gäste nach Dachau, Eching oder in die Randbezirke ausweichen müssen. Das bedeutet im Umkehrschluss für die Hoteliers in der Region, dass sie nicht mehr länger von einem ausgebuchten München profitieren.

Wagen Sie doch einmal kurz eine Zukunftsprognose: Wie wird es mit dem Hotelmarkt in München weitergehen?

Er wird sich breiter und zielgruppenspezifischer aufstellen. Dennoch wird er weiter geprägt sein von einem Miteinander von Privathotels und Ketten. Das macht auch den Charme aus. Der einzige Unterschied wird sein, dass die Ketten stärker expandieren werden, weil sie einen leichteren Zugang zu einer internationalen Klientel haben. Ich glaube, es wird keine fünf Jahre mehr dauern, dann werden wir auch in München ein von Chinesen betriebenes Hotel haben. Die Hotellandschaft wird bunter werden.

© SZ vom 10.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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