Transrapid:Zwangsstopp in der Tabuzone

Lesezeit: 2 min

Ein Transrapid-Unfall wäre auf der Münchner Strecke nicht möglich - so die Einschätzung der Deutschen Bahn.

Dominik Hutter

Das Transrapid-Unglück im Emsland mit 23 Todesopfern wird nach Einschätzung der Bahn-Tochter DB Magnetbahn keine Auswirkungen auf die Sicherheitskonzeption der Münchner Strecke haben.

Laut Deutscher Bahn entspricht der Sicherheitsstandard des Transrapid dem der herkömmlichen Eisenbahn. (Foto: Foto: ddp)

Ins Betriebsleitsystem, das Kollisionen auf der Trasse ausschließen soll und das bereits seit Sommer 2005 dem Eisenbahn-Bundesamt zur Prüfung vorliege, seien anders als auf der Lathener Versuchsstrecke auch die Instandhaltungsfahrzeuge integriert, versicherte DB-Magnetbahn-Geschäftsführer Johannes Keil und trat damit Anschuldigungen entgegen, die fatale Sicherheitslücke auf der Versuchsstrecke existiere auch im Münchner Regelbetrieb. Tatsächlich seien Nachbesserungen nach derzeitigem Wissensstand nicht erforderlich, etwaige Einwände des Eisenbahn-Bundesamts nicht bekannt.

Automatische Zwangsbremsung

Keil gewährte gestern bei einem Pressegespräch erstmals einen Einblick in das Sicherheitskonzept der Münchner Transrapidstrecke, dessen Existenz wegen der anhaltenden Geheimniskrämerei bereits von Kritikern angezweifelt wurde. Demnach sollen auf den Bildschirmen der Leitstelle sämtliche Fahrzeuge auf der Trasse, also die Magnetschwebezüge ebenso wie der Werkstatt- und der Schneeräumzug, sichtbar sein. Kämen sich die Fahrzeuge zu nahe, löse ein automatisches System eine Zwangsbremsung aus. Die irrtümliche Freigabe einer bereits belegten Strecke sei damit ausgeschlossen.

Die Technik ist vom Prinzip her offenbar vergleichbar mit dem beim ICE und auch auf der Münchner S-Bahn-Stammstrecke eingesetzten Signalsystem LZB, das nicht mehr die Trasse in feste Sicherheitsabschnitte einteilt, sondern rund um die Züge eine wandernde "Tabuzone" aufbaut, in die keine weiteren Fahrzeuge einfahren dürfen. Geschieht dies trotzdem, wird der Eindringling zwangsweise und ohne menschliches Zutun gestoppt.

120 Risikoszenarien

Für das umfangreiche Konzept wurden nach Angaben der Bahn 120 Risikoszenarien erarbeitet, die alle durch technische Vorkehrungen beherrschbar bleiben müssten. Dazu zählten Brände in Zug und Tunnel ebenso wie Erdbeben, Schnee und der Aufprall eines Lastwagens auf einen Stützpfeiler.

Oder eben die Kollision mit einem Werkstattzug. Die auch von der Stadt München heftig kritisierte Geheimhaltung des Konzepts begründete Keil mit Sicherheitsbedenken - auch der Betreiber eines Atomkraftwerks gebe angesichts der Terrorgefahr nur ungern detaillierte Einblicke in die Gefahrenabwehr.

Das Sicherheitskonzept des Transrapid müsse laut Gesetz vom Eisenbahn-Bundesamt in einem speziellen Verfahren, voraussichtlich bis Ende 2006, geprüft werden und sei daher in den Planfeststellungsunterlagen nicht enthalten.

Schwachpunkte

Das städtische Planungsreferat hatte schon bei seiner (negativen) Bewertung des Transrapid im Frühsommer ein umfassendes Sicherheitskonzept angemahnt, es aber offenkundig nie erhalten. Lediglich bauliche Sicherheitsvorkehrungen wie die Notausgänge des Tunnels konnten von den Experten bewertet werden.

Dabei wurden diverse Schwachpunkte festgestellt - etwa Notausgänge, die in unterirdischen Geschossen enden, der streckenweise sehr schmale und auch noch zwischen den Fahrwegen verlaufende Notsteg oder aber der sparsame Umgang mit Feuerwehraufzügen.

Laut Keil entspricht der Sicherheitsstandard des Transrapid jedoch mindestens dem der herkömmlichen Eisenbahn. Im Tunnel gebe es, wie auch bei der U-Bahn, alle 600 Meter einen Notausgang. Für Pannen im Freien würden drei spezielle Evakuierungsplätze gebaut.

Dass trotz aller Vorkehrungen immer etwas passieren kann, beweisen allerdings Vorfälle wie der vom Mai 2004, als eine Münchner S-Bahn am Leuchtenbergring frontal auf einen Bauzug prallte. Dieses Wartungsfahrzeug hatte zwar die komplette Zugsicherungstechnik an Bord. Sie war aber versehentlich ausgeschaltet.

© SZ vom 20.10.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: