Transrapid:Klagen gelten als sicher

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Ein Phantom tritt an die Öffentlichkeit: Im Stadtmuseum und bei betroffenen Gemeinden können Bürger die Details des Milliarden-Flitzers einsehen.

Dominik Hutter

Von morgen an sind im Stadtmuseum die Planungsunterlagen der umstrittenen Transrapid-Strecke zwischen Hauptbahnhof und Flughafen ausgelegt - die entscheidende Phase der Einwendungen beginnt.

Transrapid oder Express-S-Bahn? Zur Gesamtansicht der Grafik auf die Lupe klicken. (Foto: Grafik: SZ; Quelle: DB Magnetbahn / Planungsreferat)

Am 5. Mai lädt die Stadt alle Bewohner der betroffenen Stadtbezirke zu einer Bürgerversammlung in den Löwenbräukeller.

Alle 5400 Aktenordner aneinandergereiht ergäben eine Strecke von 440 Metern - und wer das Ganze mal kurz anheben will, hätte 14 Tonnen zu stemmen: Die Bahn-Tochter DB Magnetbahn hatte viel zu tun in den vergangenen Tagen, um die Transrapid-Papiere unter die Leute zu bringen.

Nun aber sind alle zehn Gemeinden entlang der geplanten Trasse versorgt, die öffentliche Auslegung der Planfeststellungsunterlagen kann beginnen. In München können die Ordner vier Wochen lang, also bis zum 26. Mai, im ersten Stock des Stadtmuseums eingesehen werden (Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr). Einwendungen sind bis zum 9. Juni möglich.

Basteln am Anti-Magnetbahn-Paket

Dass es zahlreiche Widersprüche und letztlich wohl auch Klagen gegen den Milliardenflitzer geben wird, gilt als sicher. Im städtischen Planungsreferat, wegen seiner Fachkompetenz zweifellos die Speerspitze des Transrapid-Widerstands, wird bereits an einem umfangreichen Anti-Magnetbahn-Paket gebastelt.

Um den Streit notfalls auch juristisch durchstehen zu können, wurde über ein externes Büro eine Alternative ausgetüftelt: die Express-S-Bahn "Maex". Denn dass die Verbindung von der Innenstadt ins Erdinger Moos schneller werden muss, ist unstrittig.

Auf Landes- und Bundesebene hingegen sind die Weichen klar in Richtung Transrapid gestellt: Die Magnetbahn taucht als technologisches Leuchtturmprojekt im Berliner Koalitionsvertrag auf. Und die bayerische Staatsregierung hat an ihrer Sympathie für den von Siemens und Thyssen-Krupp entwickelten Zug ohnehin nie den geringsten Zweifel gelassen.

"Das Münchner Projekt ist das einzige, das hierzulande zeitnah realisierbar ist", schwärmt Bayerns Verkehrsminister Erwin Huber (CSU).

Weniger einig sind sich die Großkoalitionäre, wenn es ums Geld geht. Während Huber 1,15 Milliarden Euro aus der Bundeskasse einfordert, will sein Berliner Kollege Wolfgang Tiefensee (SPD) maximal 550 Millionen herausrücken.

Finanzierungsloch ist nicht zu schließen

Beide Seiten, Bund wie Freistaat, erklären schon seit Jahren den jeweils anderen für federführend. Selbst eine großzügige Haltung in Berlin könnte aber das immer noch eklatante Finanzierungsloch nicht schließen.

Die Strecke wird wohl mindestens 1,85 Milliarden verschlingen. Zehn Prozent davon will der Freistaat übernehmen, ein weiteres Zehntel die Bahn - finanziert aus erst noch zu erzielenden Betriebsgewinnen.

Weitere Zusagen gibt es bisher nicht, Huber hofft noch auf die EU, das Transrapid-Konsortium selbst oder aber die Flughafen-Gesellschaft. Letztere hat in der Vergangenheit bereits ein 100-Millionen-Engagement angeboten - ein Veto des Airport-Gesellschafters Stadt stoppte aber den Vorstoß des Transrapid-freundlichen Flughafen-Chefs Michael Kerkloh.

Die Industrie lehnt bislang jede Beteiligung kategorisch ab, ebenso die Lufthansa. Ein weiteres Problem: Die meisten Experten gehen ohnehin von deutlich höheren Baukosten jenseits der zwei Milliarden aus.

Der Zehn-Minuten-Trip

Die Befürworter der Magnetbahn haben vor allem zwei Ziele im Auge: die Wettbewerbsfähigkeit einer in Deutschland entwickelten Hochtechnologie, die ansonsten wohl nach China verschachert würde. Und die Chance, einen Fehler aus der Vergangenheit auszumerzen - die verpasste Fernbahnanbindung des Münchner Flughafens.

Mit einer auf zehn Minuten verkürzten Fahrtzeit, so die Theorie, wird praktisch der mit zahlreichen Verbindungen gesegnete Hauptbahnhof zur Airport-Station. Nur der Zehn-Minuten-Trip könne eine nennenswerte Zahl von Autofahrern auf die Schiene locken.

Besonders attraktiv findet Huber auch die in einer Studie prognostizierten Betriebsgewinne der Magnetbahnstrecke. Eine S-Bahn hingegen müsste nach den gängigen Nahverkehrs-Gepflogenheiten vom Freistaat mit Bestellerentgelten alimentiert werden.

Argumente der Gegner

Das alles sehen die Transrapid-Gegner, darunter neben der Stadtratsmehrheit auch die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen, anders. Mit dem vielen Geld, so ihr Einwand, könnte an anderer Stelle sehr viel mehr bewirkt werden.

"Der Fahrtzeitgewinn muss ja nicht unbedingt komplett zwischen Hauptbahnhof und Flughafen entstehen", erklärt Stephan Reiß-Schmidt, Hauptabteilungsleiter im Planungsreferat. Mit dem Ausbau verbesserungsbedürftiger Zulaufstrecken auf München, etwa aus Zürich, Stuttgart oder Salzburg, ließe sich auf einer längeren Tour die gleiche Zeitersparnis erzielen - und es hätten mehr Leute was davon.

Was die Münchner angeht: Da sei der Transrapid ohnehin kein Gewinn, da die ganze Zeitersparnis durch das zeitaufwändige Umsteigen am Hauptbahnhof wieder aufgefressen würde. In die Express-S-Bahn hingegen könne man an mehreren Stellen zusteigen.

Zu knabbern haben die städtischen Planer auch an der Verkehrsprognose. Denn die meisten der jährlich acht Millionen Transrapid-Fahrgäste, so steht da, sind gar nicht vom Auto auf die Magnetbahn umgestiegen. Sondern von der S-Bahn.

© SZ vom 26.4.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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