Transrapid:Geisterzug auf unsteter Fahrt

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Zu wenig Geld, zu wenige Freunde. Die Aussichten für den Transrapid werden immer trüber.

Dominik Hutter

Es wird anstrengend werden. Genau 70 Mal, so die Planung, soll sich in den nächsten Monaten eine Delegation aus den Büros der DB Magnetbahn auf den Weg nach Unterschleißheim machen, um dort noch einmal zu versuchen, was schon seit Jahren eher erfolglos praktiziert wurde: die vielen Skeptiker überzeugen, dass der Transrapid doch gar nicht so schlecht, ja eigentlich sogar super sei.

Den Zeitvorteil beschwören, Ängste abbauen und wirtschaftliche Vorteile betonen. Und natürlich Klagen abwehren - was wahrscheinlich das Wichtigste ist, aber eben auch das Schwierigste. Denn die Fronten sind seit langem klar abgesteckt.

23527 Einwände

Genau 23527 Anlieger, dabei Gemeinden entlang der Strecke und Verbände, haben im laufenden Genehmigungsverfahren offiziell eine Einwendung gegen die Magnetbahnstrecke zwischen Hauptbahnhof und Flughafen eingereicht. 23527 mehr oder wenig umfangreiche Thesenpapiere, auf die man nun mit Argumenten reagieren muss.

Die Bahn-Tochter DB Magnetbahn, die die Planungen für das Milliardenprojekt vorantreibt, hat deshalb das immerhin 4500 Leute fassende "Ballhaus-Forum" in Unterschleißheim angemietet, um an 70 Terminen zwischen dem 26. Februar und dem 12. Juli ihren Kritikern Paroli bieten zu können. Teilnehmen darf nur, wer zuvor eine offizielle Einwendung verfasst hat. Große Überraschungen sind bei den Veranstaltungen nicht zu erwarten. Weder die Stadt München noch der Bund Naturschutz werden wohl noch ins Lager der Magnetbahn-Befürworter wechseln. Und auch die Firma DB Magnetbahn wird sich nicht in DB Express-S-Bahn umbenennen wollen.

Bei vielen Münchnern hat der auf Tempo 350 ausgelegte Flitzer ohnehin nie seinen Phantom-Status ablegen können. Schon vor dem schweren Unfall auf der Teststrecke im Emsland hielten viele Münchner das Ganze für eine utopische und vor allem kurzlebige Idee. Das genau gegenteilige Gefühl herrscht in der obersten Etage des repräsentativen "Renaissance-Hauses"' in der Arnulfstraße, dem einstigen Verwaltungssitz der "Königlich Bayerischen Eisenbahn"'.

Haushaltshoheit: Bundestag

Dort sind die Büros der DB Magnetbahn untergebracht, in denen Ingenieure wie Juristen nun schon seit Jahren an jedem ihrer Arbeitstage die Planung für die Strecke ein bisschen voranschieben. Sie wissen längst im Detail, an welchen Stellen Notausgänge entstehen und wo welche Leitungen verlegt werden müssen. Aus dieser Perspektive ist es schwer vorstellbar, von dem einmal in Fahrt gekommenen Zug plötzlich wieder abzuspringen.

Die Entscheidung fällt aber ohnehin ganz woanders - auf der politischen Ebene nämlich. Und da steht es derzeit eher lau um das Projekt. Gerade erst hat sich Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) per Brief bei seinem bayerischen Amtskollegen Erwin Huber (CSU) über dessen Äußerungen zur Transrapid-Finanzierung beklagt. 925 Millionen statt 550 Millionen Euro aus Berlin - diese Summe sei, "wie wir beide wissen", keineswegs fest abgemacht, sondern bestenfalls als politische Zielmarke zu werten.

Die Haushaltshoheit hat schließlich der Bundestag, und der hat schon Tiefensees Vorgänger Manfred Stolpe bei derlei Begehrlichkeiten auflaufen lassen. Ohnehin ist man sich in der Bundesregierung keineswegs so einig über den Transrapid wie es das klare Ja im Koalitionsvertrag vorgaukelt. Die enormen Kosten für ein aus Berliner Sicht eher regional einzustufendes Projekt gelten als wenig hilfreich bei der überfälligen Konsolidierung des Bundeshaushalts.

Ein spezielles Magnetbahngesetz

Als verbesserungsbedürftig sehen Berliner Politiker auch die Zusammenarbeit mit dem Freistaat an, der immer wieder gern Finanzbedarf für den Transrapid in Berlin anmeldet, selbst aber keine Verantwortung übernehmen will. So würde das Bundesverkehrsministerium gerne eine Verwaltungsvereinbarung mit Bayern abschließen, um endlich die der DB Magnetbahn zugesagten, mangels Rechtsgrundlage aber immer noch nicht überwiesenen 50 Millionen Euro Planungsbeitrag losschicken zu können. Dazu aber müsste der Freistaat letztlich den Transrapid als Landesprojekt anerkennen - was Erwin Huber aber unbedingt vermeiden will, um nicht zwangsläufig für später fehlendes Geld geradestehen zu müssen.

Während Berlin auf die Verwaltungsvereinbarung setzt, sieht Hubers Ministerium stattdessen den Bund "am Zug, einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorzulegen''. Ein spezielles Magnetbahngesetz müsse her, damit die finanzielle Beteiligung des Bundes auch juristisch legitimiert ist. Unterstützt wird diese Forderung von der Union-Bundestagsfraktion, die angesichts der wohl noch in diesem Jahr anstehenden Baugenehmigung auf Tempo drängt.

1,85 Milliarden

Dieser Weg allerdings wäre erheblich komplizierter, weil dann, so ist aus Kreisen der Bundesregierung zu hören, erst einmal die Gesamtfinanzierung für das Projekt geklärt werden müsste. Zeitdruck herrscht obendrein. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn will die DB Magnetbahn nur noch bis Mitte des Jahres auf Konzernkosten durchfüttern.

In puncto Gesamtfinanzierung aber hat sich in den vergangenen Jahren wenig getan. Noch immer taucht in den Konzepten des Bayerischen Verkehrsministeriums ein Millionenbeitrag des Flughafens auf. Der aber, zu 23 Prozent im Eigentum der Stadt München, ist als Finanzier faktisch schon seit dem Frühjahr 2003 aus dem Rennen - die Kommune hat ein Vetorecht im Aufsichtsrat und weigert sich strikt. München will den Transrapid nicht einmal geschenkt haben.

Und die 185 Millionen von der EU, wie von Huber kürzlich verkündet? Dieses Geld ist keineswegs zugesagt, sondern Ausdruck der Hoffnung, ins Programm "Transeuropäische Netze'' aufgenommen zu werden. Immerhin: 7,5 Millionen für die Planung hat Bayern bereits aus EU-Kassen erhalten - für Huber klares Indiz einer späteren Brüsseler Beteiligung. Aber eben nur ein Indiz.

Einigermaßen sicher sind eigentlich nur die schon seit Jahren aus Berlin versprochenen 550 Millionen, weitere 185 Millionen von der Bahn und 300 Millionen vom Freistaat selbst. Macht summa summarum 1,035 Milliarden Euro oder - falls Berlin und Brüssel tatsächlich mitspielen - 1,595 Milliarden. Nach einer inzwischen schon recht angestaubten Schätzung kostet die Strecke aber mindestens 1,85 Milliarden, in Berlin macht auch schon die Zahl 2,5 Milliarden die Runde.

Becksteins Schweigen

Probleme, zusätzliches Geld locker zu machen, drohen nicht nur auf Bundesebene. Auch im Münchner Landtag wird das kostspielige Magnet-Abenteuer durchaus kritisch beäugt - selbst in der CSU-Fraktion, wie ein Insider der SZ berichtet.

Einigen Abgeordneten aus anderen bayerischen Regionen sei es nur noch schwer vermittelbar, dass überall in der Provinz gespart werden muss, während sich die Landeshauptstadt ein Hochgeschwindigkeits-Spielzeug gönnt. Welche Auswirkungen der Wechsel auf dem Stuhl des Ministerpräsidenten haben wird, ist unklar. Günther Beckstein vermeidet derzeit noch jede Stellungnahme zum Transrapid.

Und dann gibt es da auch noch die juristische Hürde. Eine hat die DB Magnetbahn bereits bewältigt: Die Firmen, die in der Ausschreibung für die Bauleitung unterlegen waren und wegen angeblicher Benachteiligung das Kartellamt anriefen, haben ihre Beschwerde inzwischen zurückgezogen.

Die nächsten Gegner werden noch 2007 zum Ende des Genehmigungsverfahrens erwartet - dann kann erstmals eine Klage gegen das Projekt eingereicht werden. Sichere Kandidaten: die Stadt München und der Bund Naturschutz.

© SZ vom 1.2.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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