Tod nach Alkohol-Flatrate-Party:"Erbarmungslose Attacke"

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Prozess um den Tod eines Pflegehelfers: Das Jugendgericht verurteilt einen 18-Jährigen zu drei Jahren und zwei Monaten Haft. Er hatte im betrunkenen Zustand einen 35-Jährigen erschlagen.

Alexander Krug

Wegen der tödlichen Attacke auf einen Pflegehelfer muss der Lehrling Danny T. für mehrere Jahre in Haft. Die Jugendkammer des Landgerichts verurteilte den 18-Jährigen am Donnerstag wegen Körperverletzung mit Todesfolge zu drei Jahren und zwei Monaten Gefängnis. Die Kammer wandte dabei das mildere Jugendstrafrecht an. Zuvor war es zu einem Eklat gekommen: Während des Plädoyers eines Verteidigers hatten Bruder und Mutter des Getöteten empört den Gerichtssaal verlassen. Zur Urteilsverkündung erschienen sie nicht mehr.

Sechsstündiges Zuschütten

"Kein Urteil der Welt kann hier gerecht erscheinen", meinte Richter Reinhold Baier mit Blick auf die Familie des Getöteten. Es sei dem Gericht durchaus bewusst, wie schwer es sei, einen Familienangehörigen zu verlieren, zumal auf so "tragische Art und Weise". Die verhängte Haftstrafe möge "zu milde" erscheinen, doch das Gericht sei nicht nur zur Neutralität verpflichtet, sondern müsse sich auch an Recht und Gesetz halten.

Der Angeklagte hatte am 2. September vergangenen Jahres in der Alabamahalle eine sogenannte Flatrate-Party besucht, auf der zu einem Festpreis unbegrenzt Alkohol ausgeschenkt wird. Nach fast sechsstündigem Zuschütten gerieten Danny T. und ein Begleiter auf dem Heimweg an der U-Bahn-Station Odeonsplatz mit zwei Brüdern in Streit. Der Auslöser war eher harmlos: Einer der Brüder hatte in der U-Bahn einige Skinheads als "Faschos" beschimpft. Danny T. und sein Freund hatten dies irrtümlich auf sich bezogen.

Während des Gerangels schleuderte Danny T. den Pflegehelfer Andreas K. heftig gegen eine Wand. Der 34-Jährige schlug danach mit dem Kopf auf dem Boden auf. Den dabei erlittenen Hirnverletzungen erlag er vier Tage später. Besonders tragisch: Andreas K. war selbst Vater eines Sohnes, der mit 17 Jahren fast so alt ist wie der Angeklagte.

Voll schuldfähig

Täter und Opfer waren zur Tatzeit betrunken. Die Richter stuften den trinkgewohnten Angeklagten dennoch als voll schuldfähig ein. Gegen ihn sprach neben einigen Vorstrafen - darunter eine wegen Körperverletzung - vor allem sein "Nachtatverhalten": Danny T. hatte seinem bewusstlos am Boden liegenden Opfer nochmals einen Faustschlag ins Gesicht versetzt. Richter Baier sprach von einem "höchst aggressiven und erbarmungslosen" Verhalten. Ein minder schwerer Fall komme daher nicht mehr in Betracht, so die Kammer. Zugunsten des Angeklagten müsse jedoch neben einem weitgehenden Geständnis auch gesehen werden, dass er sich nach der Tat selbst gestellt und die Verantwortung übernommen habe.

Staatsanwalt Marc Meyer hatte eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren gefordert. Verteidiger Gerhard Bink hatte für eine Bewährungsstrafe plädiert und damit den Zorn der Angehörigen auf sich gezogen. Türknallend stürmte der Bruder des Getöteten aus dem Saal, die Mutter folgte ihm. Bink hatte von einem "tragischen" Geschehen "nahe an einem Unfall" und von einer "Verkettung unglücklicher Umstände" gesprochen. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass Andreas K.s Bruder mit seiner Beschimpfung sozusagen den "ersten Impuls" für das Geschehen gesetzt habe. Der Anwalt kündigte an, Revision gegen das Urteil einzulegen. Der Vater des Getöteten meinte später resignierend, das Jugendstrafrecht sei zu schwach.

© SZ vom 1.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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