Theatron-Festival:Kindersitze unterm Lautsprecher-Turm

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"Ein Open-Air mit so einem Ambiente, das gibt es nur hier" - die Zuschauer sind begeistert vom Theatron-Festival. Mangels Sponsorengelder überlegt der Veranstalter aber, ob es in Zukunft Eintritt kosten soll.

Jost Maurin

Jetzt sieht jeder tief gebräunt aus, egal wie hellhäutig er in Wirklichkeit ist. Dem sanften Abendlicht der Seebühne am Olympiapark sei Dank. Vielleicht 1000 Menschen sitzen auf den sonnengewärmten Beton-Stufen direkt neben der Schwimmhalle.

Einige Studenten haben eine Decke ausgebreitet, trinken Rotwein aus weißen Plastikbechern, essen Baguette - und hören wie die anderen Gäste auch den Bayrisch-Blues der "Wuide Wachl". Gerade hat die Gruppe den zweiten Abend des diesjährigen Theatron-Festivals eröffnet, das noch bis 24. August dauert.

Im Publikum dominiert links angehauchtes Mittelalter - treffend von einigen dieser Herren jenseits der 50 repräsentiert, die lange, aber inzwischen ergraute und zum Pferdeschwanz gebundene Haare tragen. Sie haben die ganze Familie mitgebracht: Die Kinder klettern auf die Betonplattform der Bühne.

Unter einem der beiden Lautsprecher-Türme stehen Fahrräder mit "Römer Jockey"-Kindersitzen auf den Gepäckträgern. Da fallen die zwei etwas verwahrlost aussehenden Männer unter den eher arriviert wirkenden Zuhörern auf - es ist halt alles so wie immer in 28 Jahren Theatron.

Oder doch nicht? Das Festival ist dieses Jahr eine Woche kürzer. Organisator Artur Silber hat Sponsorengelder nur für 24 Tage Programm mit Musik, Feuerwerk und Kino einwerben können. Nun wird überlegt, ob das Theatron in Zukunft Eintrittsgeld kostet.

Klar, dass das Publikum solche Pläne ablehnt. "Es ist halt optimal, dass es kostenlos ist", sagt Ursula Neumaier, die schon bei vier Theatron-Festivals war. Die meisten kommerziellen Konzerte seien ihr einfach zu teuer. Oliver Schlossarek ist dagegen, "das Konzept aufzuweichen".

Zum Theatron-Musiksommer gehöre schließe auch der freie Eintritt. Das Festival sei eine Chance für Bands, die in München noch nicht bekannt genug seien, um einen großen Saal zu füllen. Die Leute seien eben experimentierfreudiger, wenn es sie nichts koste. Schlossarek muss es wissen: Der 33-Jährige arbeitet bei einer Musikagentur.

Inzwischen ist es dunkel geworden, "Edelschwarz" heißt die nächste Band: eine Mischung aus Gejodel, Akkordeon und lautem Industrial-Gitarrengeschrammel. "Das ist die dunkle Seele der Volksmusik", heißt es im Programmheft. "Die Musik, die sagt mir jetzt nichts", kommentiert Anna Glomann. Aber den Zither-Manä und "MonacoBagage" am Freitag habe sie hervorragend gefunden. Wegen der "guten bayerischen Texte mit richtigen Pointen".

"Und die Atmosphäre - die ganze Umgebung, der Sonnenuntergang - ist sehr schön", sagt die 50 Jahre alte Lehrerin aus der Oberpfalz. So schön, dass sie sogar überlegt, ob sie ihren München-Urlaub noch ein bisschen verlängert. Denn ein Open Air mit so einem Ambiente, das gebe es nur hier.

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