Theater:Solo für zwei

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Ein amerikanischer Investor verhandelt mit der Stadt München über die Übernahme des Deutschen Theaters.

Alfred Dürr

Von Sie veranstalten Konzerte und Festivals in Nordamerika und in einigen Ländern Europas. Für den Broadway und das Londoner West End produzieren sie Theaterstücke. Sie entwickeln spektakuläre Motor-Shows und Ausstellungen in Museen. Und es gibt zahlreiche weitere Medienaktivitäten im Bereich der Unterhaltungsindustrie.

(Foto: Foto: dpa)

In Deutschland waren die Manager des US-Entertainmentkonzerns Clear Channel bisher nicht aktiv. Aber jetzt wollen sie auch hier Fuß fassen. Das städtische Deutsche Theater in der Schwanthalerstraße, baulich marode und deswegen ums Überleben kämpfend, kommt also für eine Übernahme gerade recht.

Eigentlich ist Clear Channel der ideale Partner für die Stadt: Das Unternehmen hat Geld, Theater-Erfahrung und starkes Interesse an einer wirtschaftlichen Expansion. Wie die intensiv geführten Gespräche ausgehen, ist noch völlig offen.

Hohes finanzielles Risiko

Man habe ein ganzes Bündel ungelöster Fragen, heißt es. Die Verantwortlichen in der Verwaltung geben sich äußerst zugeknöpft. Natürlich wäre man gerne mit einer Vielzahl von Investoren-Bewerbern in die Kaufverhandlungen eingetreten, um die eigene Position zu stärken. Aber zum Schluss der Bewerberrunde sehen viele im Rathaus nur noch die Amerikaner als Favoriten für den Kauf des Theaters.

Es gibt zwar noch zwei weitere Interessenten, die der Stadt Finanzierungsmodelle im Sinn einer Public-Private-Partnership vorschlagen. Die Stadt müsste dabei allerdings ein hohes finanzielles Risiko eingehen, was sie angesichts der schwierigen Haushaltslage wohl kaum machen wird.

Die Verhandlungsposition der Stadt gründet sich auf fünf Eckpfeiler. Der langfristige Betrieb des Deutschen Theaters am bisherigen Standort muss für mindestens 25 Jahre gesichert sein. Das Theater soll mit mindestens 1500 Sitzplätzen betrieben werden und jährlich mindestens sechs "vollwertige Veranstaltungsserien im gehobenen Niveau" anbieten.

140 Millionen Euro Sanierungskosten

Der von der Stadt gezahlte Zuschuss für den Theaterbetrieb in Höhe von zwei Millionen Euro im Jahr wird auch weiterhin in Aussicht gestellt. Schließlich macht die Stadt klar, dass sie keinen Cent Steuergeld für Investitionen in das Haus aufwenden wird. Wo die Stadt an diesen Punkten möglicherweise Abstriche machen kann oder will, werden die Verhandlungen in den kommenden Monaten ergeben. Auf alle Fälle soll dem Stadtrat bis Jahresende ein Entscheidungsvorschlag unterbreitet werden.

Durch die Untersuchungen hat sich inzwischen bestätigt, dass an den vom städtischen Baureferat ermittelten 140 Millionen Euro Sanierungskosten für die Theater-Immobilie nicht mehr gerüttelt werden kann. Der künftige Investor muss auf alle Fälle diese Summe bereitstellen.

Künstlerischer plus kommerzieller Erfolg

Wie zu erfahren ist, würde Clear Channel die Groß-Instandsetzung des Deutschen Theaters in Angriff nehmen. Offenbar sollen der Zuschauerbereich und die Bühne deutlich vergrößert werden. Dies könnte durch eine Tieferlegung des bisherigen Theaterraums geschehen.

Dem Vernehmen nach hat das US-Unternehmen signalisiert, dass es rund 75 Prozent des bisherigen Personals im Deutschen Theater übernehmen würde. Bis zum Jahr 2007 hält die Stadt den Betrieb aufrecht, und bis zu diesem Zeitpunkt läuft auch der Vertrag der neuen Theaterchefin Andrea Friederichs, die zum 1. Oktober Heiko Plapperer-Lüthgarth abgelöst hat. Wenn es ihr gelingt, die künstlerischen und kommerziellen Erfolge der Bühne fortzusetzen, werden ihr große Chancen eingeräumt, auch unter neuen Besitzern eine führende Rolle im Deutschen Theater zu spielen.

© SZ vom 06.10.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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