Teure Bildung:Schulkosten - für viele Familien unbezahlbar

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Viele Hartz-IV-Empfänger können das Schulmaterial für ihre Kinder nicht mehr zahlen - ein Verein ermuntert sie nun, von der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung einen Zuschuss zu fordern.

Sven Loerzer

Für Mütter, die von Arbeitslosengeld II leben müssen, ist die Einschulung ihrer Kinder ein finanzieller Kraftakt: "Sie müssen sich die Schulkosten vom Mund absparen", sagt Lilli Kurowski, Vorsitzende des Vereins "Einspruch", der mit seinen "Rechtsambulanzen" Betroffene berät.

(Foto: Foto: ddp)

Nach einer Kostenaufstellung fallen für das erste Schuljahr insgesamt rund 550 Euro an Ausgaben an. "Von den 208 Euro Kinderregelleistung im Monat lässt sich das nicht bezahlen." Der Verein will jetzt Eltern ermutigen, einen Zuschuss zu den Schulkosten einzuklagen, und hat dazu einen Muster-Antrag erarbeitet.

"Wir werden die Anträge gründlich prüfen und schauen, ob es eine Möglichkeit gibt", erklärte der Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung München (Arge), Ottmar Schader.

Wie groß die Chancen auf Erfolg sind, vermag Lilli Kurowski nicht zu sagen. "Ob die Arge den Mut und die rechtliche Phantasie aufbringt, dem Antrag zu folgen, wissen wir nicht." 15 Anwälte hätten sich bereit erklärt, die Eltern vor Gericht im Wege der Prozesskostenhilfe zu vertreten. "Die Eltern kostet das nichts, sie haben kein Risiko." Außerdem gebe es positive Signale von Sozialgerichten.

In Zusammenarbeit mit Lehrern hat der Verein Kostenaufstellungen für die unterschiedlichen Schuljahrgangsstufen erstellt. Am teuersten kommt demnach die Einschulung, da zusätzlich zu Heften, Umschlägen und Arbeitsheften auch Arbeits- und Bastelmaterialien, Schultasche, Federmäppchen, Lesekasten, Malkasten, Turnsachen und Sportschuhe, Schreibtisch und Stuhl anzuschaffen sind. Insgesamt kommen so im ersten Jahr 550 Euro zusammen. Für die dritte Jahrgangsstufe sind es rund 250 Euro, in der vierten 350 Euro.

Zwar lobt Kurowski ausdrücklich, dass die Stadt Erstklässler aus Hartz-IV-Haushalten zum nächsten Schuljahresbeginn erstmals mit einem einmaligen Betrag in Höhe von 100 Euro freiwillig unterstütze.

Da dies aber nicht ausreichend sei, ermuntert die Vereinsvorsitzende die Eltern, eine Pauschale von 50 Euro monatlich im ersten Schuljahr für Lernmittel und Schulmaterial bei der Arge zu beantragen.

"Familien mit schulpflichtigen Kindern liegen permanent unter dem Existenzminimum", kritisiert Lilli Kurowski. Der Antrag werde zusammen mit einem Elternbrief über soziale Beratungseinrichtungen verteilt. Fünf Mütter machen den Anfang, sie wollen den Antrag in den nächsten Tagen stellen.

Kinder würden darunter leiden, wenn sie zum Beispiel Arbeitshefte nicht ausgehändigt bekämen, weil die Eltern die 30 Euro nicht aufbringen könnten. Tränenüberströmt kommen sie zu Caroline Palmina, wie die Leiterin einer Mittagsbetreuung in Ramersdorf erzählt.

"Für die Kinder bedeutet diese Situation Beschämung und Ausgrenzung", so Kurowski. Aber es gebe auch Lehrer, die den Schülern detailliert vorschreiben, welche Umschläge sie für Hefte zu kaufen haben oder welcher Malkasten es sein muss. Damit machten es diese Lehrer den Eltern schwer, wenigstens auf günstigere Angebote von Discountern zurückzugreifen.

© SZ vom 3.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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