Szenario:Hüften, so ausladend wie Bienenkörbe

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Sexy und kühn: Die Show der Esmod-Modeschule - mit viel Gothic, viel Netz und viel Haut.

Angela Köckritz

Es zischelt und raunt, es wispert und lacht. Große flirrende Aufregung. Eltern, die nervös auf ihren Bänken hin- und herrutschen, die Kamera schussbereit in den Händen. Freunde, die sich schnell auf den letzten Stand bringen, bevor es losgeht, gleich, sofort, jetzt! Licht aus, die Modenschau beginnt. Die Esmod-Modeschule feiert in der Tonhalle der Kultfabrik Sainte Catherine, die Schutzpatronin der Haute Couture, und ein wenig auch sich selbst. Der Erlös wird einem Heim in Kenia gespendet.

Tüllröcke aus Klopapier

Mit Pappe, Mullbinden und Papier haben die Schüler des ersten Lehrjahres gearbeitet. Es knistert und rauscht. Tüllröcke aus Klopapier, flaschenförmige Papier-Tuniken, Hüften, so ausladend wie Bienenkörbe, mönchsartige Papierkapuzen. Einem Modell klebt das Kleid gleich Daunen am Leib, mit ausladenden Schritten stakst es über den Laufsteg, geteert, gefedert und oh, so chic.

Viele der Kreationen sind bezaubernd und leicht, gleich weißen Schmetterlingen, die über den Laufsteg hasten. Ohne zu romantisch, zu süß oder gar klebrig zu wirken, dafür sorgt schon das Make-up: dicke schwarze, weiße und silberne Balken, die Sonnenbrillen ähnelnd über die Augen gelegt wurden. Es sind Sternenhelden auf einem venezianischen Maskenball.

Ein Kleid wie eine Amazonasdurchquerung

Nun folgen die nächsten beiden Lehrjahre, die Strick, Wäsche und Anzüge zu neuen Kreationen vernähten. Kleider aus Männerhemden, hier und da blitzt ein Trenchcoat hervor, ein Kleid wie eine Amazonasdurchquerung, militärgrün mit tausend Taschen, hier ein wenig Fuchsfell, dort ein wenig Burberry.

Ansonsten viel Gothic, viel Netz, viel Haut unter hauchdünnen schwarzen Stoffen. "Sexy" , flüstert eine Zuschauerin anerkennend. Die Silhouette Stück für Stück unterteilt: Stulpen an Armen und Beinen, Stolas, Kapuzen. Begeistert bejubelt werden die wenigen Männermodelle, allen voran ein schwarzer Anzug mit einem riesenhaften Oscar Wilde-Porträt auf dem Rücken. Aufregend.

Eine Stunde später ist alles vorbei. Die Modeschüler liegen sich glücklich in den Armen, posieren auf dem Laufsteg für Freunde und Eltern, die stolz das eine ums andere Foto machen. "Wir hatten eine Woche Zeit für das Outfit, es war ganz schön stressig", erzählt eine der Schülerinnen. 180 von ihnen haben hart für die Show gearbeitet, doch nicht alle Arbeiten wurden gezeigt.

"Wir wollten diesmal nur die besten Modelle zeigen", sagt Direktorin Dorothea Beisser. "Natürlich gab es viele Tränen, aber das gehört nunmal dazu." Im Moment aber sind die vergessen. Die Models wischen sich die Schminke aus dem Gesicht, denn jetzt, jetzt wird gefeiert.

© SZ vom 25.11.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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