SZ-Auszugsparty:Abschied ist ein scharfes Schwert

Lesezeit: 2 min

Die SZ-Redaktion muss nach Steinhausen umziehen - und feiert ein rauschendes, trauriges Fest.

J.Käppner und C.Mayer. Video: M.Kammermayer und F.Falterer

"Abschied ist ein scharfes Schwert, das oft so tief ins Herz dir fährt, Du bist getroffen und kannst dich nicht wehren, Worte sind sinnlos, du willst sie nicht hören, weißt, einmal geht auch die schönste Zeit vorbei. Oh, Stunden der Liebe, du hast sie besessen. Stunden so zärtlich, du musst sie vergessen." (Roger Whittaker)

SZ-Auszugsparty
:Time to say goodbye

Zeit, um Abschied zu nehmen - zumindest für die SZ-Redaktion. Der Umzug nach Steinhausen naht. Grund genug, den Auszug aus der Sendlinger Stráße mit einem rauschenden Fest zu feiern.

Manchmal sind die traurigsten Partys die schönsten. Man denkt, nicht ohne Verklärung, zurück an die guten Jahre, badet in Nostalgie und hadert gemeinsam mit dem, was da kommen wird. Noch wenige Wochen, dann zieht die Belegschaft der Süddeutschen Zeitung aus dem alten Verlagsgelände und damit dem angestammten Sitz in der Münchner Innenstadt hinaus in den Münchner Osten, ins Gewerbegebiet nach Steinhausen - eine Entscheidung, welche die früheren Mehrheits-Eigentümer getroffen hatten und die, man mache sich nichts vor, in der Redaktion denkbar unpopulär war und ist.

Und weil das so ist, zitierte SZ-Chefredakteur Hans Werner Kilz in seiner Begrüßungsrede das Lied: "Abschied ist ein scharfes Schwert." Es gilt also Abschied zu nehmen von dem historischen Zeitungshaus, in dem schon die Münchner Neuesten Nachrichten saßen und wo seit 1945 die Süddeutsche Zeitung entsteht.

Durch die Abschiedsparty führte die "hochverehrte Trauergesellschaft" der Kabarettist Michael Lerchenberg. Der Stoiber-Imitator und Paulaner-Mönch bewegte sich bei seiner Moderation auf hohem Nockherberg-Niveau, auch wenn dieses Mal außer dem aus Berlin angereisten Regierungssprecher Ulrich Wilhelm - der als Münchner Schüler eben hier in der Sendlinger Straße als Zeitungspacker gearbeitet hat - keine Politiker im Saal saßen, sondern deren Beobachter.

Steinhausen, sinnierte Lerchenberg tückisch, das erinnere ihn an seine Kindheit: "Damals war Steinhausen die Endhaltestelle einer Trambahn. Nur hat keiner gewusst, wo das ist." Er verbinde den Namen mit "vielen Steinen und wenig Brot".

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) trat in seinem Zweitberuf als Kabarettist auf und sprach eingangs von der eigenen Wehmut darüber, die SZ ziehen zu sehen. Ein Trost sei höchstens, dass die Redakteure draußen mit der Wirklichkeit des Lebens konfrontiert würden.

Ude selbst hatte 1967 bei der Süddeutschen Zeitung als Volontär angefangen, und über sein damaliges Schaffen wusste Lerchenberg zu berichten. Das Erstlingswerk des heutigen Oberbürgermeisters unterrichtete den Leser auf knappem Raum darüber, dass er nun erfahren könne, wie man Fugen abdichtet und das Badezimmer ohne Schäden renoviert: "All das zeigt die Sonderschau: Wir richten uns ein Bad ein."

So ein altes Verlagshaus ist natürlich auch ein Ort geradezu sinnlicher Erinnerungen. Der Schriftsteller Karl Ude, der Vater des Oberbürgermeisters, ging hier ein und aus, der kleine Sohn Christian spielte im Paternoster. Aber all das ist nicht mehr da: Die alte Druckerei, die maschinengetippten Manuskripte und sehr bald auch der alte Paternoster nicht mehr.

Um die Wehmut ein wenig zu lindern, trat erst das musikalisch-kabarettistische Duo "Unsere Lieblinge" auf, dann legten die Schwuhplattler einen Schuhplattler aufs Parkett, danach kam die Band "Biermösl Blosn", die bayerische Absurditäten mit Landtagswahlkampf und Alphorn-Klängen verband. Es war kein großer Trost, dass sie der Redaktion vorhielten: "Ihr zieht jetzt dahin, wo wir herkommen!" In die Provinz nämlich.

Gefühlsmäßiger Höhepunkt des Abends war das einstündige Rockkonzert der eigens zu diesem Anlass gegründeten SZ-Band "Deadline", bestehend aus Redakteuren unterschiedlicher Ressorts. Bei Songs wie "Me and Bobby McGee" und "The Last Time" wurden selbst die kühlsten Kulturkritiker im Saal sentimental. "Muss i denn zum Städtele hinaus" war da ein passender Abschluss. Ja, die SZ muss hinaus, aber sie bleibt verwurzelt mit München. Das Hochhaus an der Hultschiner Straße hat immerhin die vertraute Nummer acht - das verwinkelte, historisch gewachsene Zeitungshaus an der Sendlinger Straße 8 aber bleibt unvergessen.

© SZ vom 26.9.2008/af - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: