Studie für Transrapid-Bau:Schweben bringt Segen

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Eine Studie der Bundesregierung hat den industriepolitischen Nutzen der Transrapidstrecke in München untersucht. Das Papier empfiehlt den Bau - weil angeblich jeder investierte Euro 2,50 Euro in die Volkswirtschaft spült.

Dominik Hutter

Ohne deutsche Referenzstrecke kein lukrativer Technologieexport ins Ausland: So lautet kurz die Hauptthese der umfangreichen Untersuchung, die Ende 2006 von Vertretern der Uni-Institute für Verkehrswissenschaft in Köln und Hamburg dem Bundesverkehrsministerium überreicht wurde. Rund 2,9 Milliarden Euro an volkswirtschaftlichem Nutzen seien insgesamt nach Bau der Münchner Trasse zu erwarten, haben die Professoren Herbert Baum und Wolfgang Maennig ermittelt - das meiste davon durch eingesparte Autofahrten und den Verkauf von Transrapidstrecken ins Ausland.

Volkswirtschaftlich sinnvoll? Der Münchner Transrapid. (Foto: Foto: oh)

Der industriepolitische Kosten-Nutzen-Faktor allein liege bei 1,2 - was bedeutet, dass die deutsche Wirtschaft 1,20 Euro je investierten Euro verdient. Dieses (kompliziert errechnete) Ergebnis, kombiniert mit dem schon im Jahr 2002 prognostizierten verkehrlichen Nutzen von 1,5 ergebe summa summarum den volkswirtschaftlichen Faktor 2,5.

Eine bloße Addition der beiden Zahlen verbietet sich wegen diverser Überlappungen der beiden Berechnungen, betonen die Wissenschaftler. Manchmal, so belegt ein Vergleich der Papiere, ergeben sich sogar kuriose Widersprüche: So schlägt die Verlagerung von Autoverkehr auf den Transrapid in der verkehrspolitischen Studie positiv zu Buche.

Im Sinne der Industriepolitik gilt sie als Negativfaktor - weil dem Wirtschaftskreislauf durch die entfallenen Autofahrten Geld entzogen wird. Letzteres geschieht in solchem Umfang, dass allein der Betrieb des Transrapid als industriepolitisches Zuschussgeschäft gewertet wird. Erst durch den Technologie-Export, die damit verbundenen Dienstleistungen wie Wartung und Reparatur sowie die nebenbei entstehenden Vorteile für andere Industriezweige, die sogenannten Spin-Off-Effekte, erwüchsen die Vorteile für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

Aus Luft gestrickt

,,Kunstvoll gefertigt, aber aus Luft gestrickt'', lautet der kritische Kommentar von Toni Hofreiter, dem verkehrspolitischen Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, zur Industrie-Studie. Denn der positive Wert der meisten Berechnungen fuße auf einer fragwürdigen und nicht belegbaren Unterstellung: dem Bau weiterer Transrapid-Strecken im Ausland. Tatsächlich räumen die Verfasser der Studie offen ein, dass eine objektive Einschätzung der Exportchancen nicht möglich sei.

In den Zahlenkolonnen tauchen daher ,,subjektive Wahrscheinlichkeiten'' auf, die maßgeblich auf den Einschätzungen der Transrapid-Hersteller beruhen. Absurd, wie Hofreiter findet - zumal aus diesen subjektiven Schätzungen anschließend sehr objektive Zahlen entstünden, die letztlich fürs positive Ergebnis ausschlaggebend sind. Denn wie das Papier ganz klar sagt: ,,Der hauptsächliche industriepolitische Nutzen liegt in den Einkommens- und Beschäftigungswirkungen, die aus dem Exporterfolg resultieren''.

Kritik übt Hofreiter auch am großzügigen Umgang mit Nebeneffekten, bei denen sogar der Schiffsbau als Profiteur der Transrapid-Technologie aufgeführt wird - der Fortschritte in der Materialforschung wegen. Warum, fragt der grüne Verkehrsexperte, sollen derlei Erfindungen ausgerechnet bei Bau und Betrieb der Münchner Strecke entstehen, nicht aber über die existierenden Trassen in Shanghai oder im Emsland?

Dazu komme noch, dass die Studie an entscheidenden Stellen veraltete Zahlen verwendet. Etwa die überholte Baukostenschätzung von 1,6 Milliarden Euro statt der seit Jahren üblichen Fortschreibung auf 1,85Milliarden. Schon wenn man an dieser Stelle aktuelle Werte einsetze, kippt Hofreiter zufolge die gesamte Rechnung. Und setze man, so der Grünen-Politiker weiter, realistischerweise auch noch die Einnahmen aus Export und Spin-Off auf null, komme am Schluss ein volkswirtschaftlicher Kosten-Nutzen-Faktor von minus 0,04 heraus. Was bedeuten würde, dass der Transrapid der Volkswirtschaft Schaden zufügt.

Das Bundesverkehrsministerium hält jedoch, anders als Hofreiter, die Studie nicht nur für seriös, sondern sogar für eher konservativ. Vermutlich seien die Spin-Off-Effekte erheblich höher als von Baum und Maennig errechnet. Exporterfolge seien zwar wünschenswert, aber nicht zwingend notwendig, da schon die kürzere Fahrtzeit zum Flughafen volkswirtschaftlich von großem Nutzen sei.

Bayerns Verkehrsminister Erwin Huber (CSU) geht sogar noch einen Schritt weiter: Die Verfasser der Studie seien arg zurückhaltend vorgegangen. Der tatsächliche Kosten-Nutzen-Faktor liege bei mindestens 3,0.

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