Studentenleben im Container:Außen Blech, innen Tapete

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Ursprünglich als vorübergehende Notbehausung für obdachlose Studenten gedacht, inzwischen feste Bleibe: die Wohncontainer am Rande des Englischen Gartens. Wir haben sie uns angesehen und finden: Sie sind gar nicht so schlimm.

Von Lisa Sonnabend

Im lila Container sitzt Thorsten Schäfer am Schreibtisch seines Zimmers. Er spielt Computer. Es gefällt ihm hier. Außen kaltes Blech, innen eine helle Tapete an der Wand. Wie eine normale Studentenbude: Poster, Kalender und eine Weltkarte machen das Zimmer wohnlich, die Gasheizung verbreitet Wärme, dicke Bücher stapeln sich auf dem Schreibtisch, Wäsche ist im Zimmer verteilt.

Baustelle? Big Brother? Nein, ein Studentenwohnheim. (Foto: Foto: son)

Im Oktober 2001 stellte das Studentenwerk die Containersiedlung auf, um auf die katastrophale Wohnungssituation für Studenten aufmerksam zu machen. Direkt am Englischen Garten stehen sie. Die Bewohner blicken auf Büsche, Bäume und eine große Wiese. Zu den Supermärkten, Sportanlagen, Kneipen und Freunden in der Studentenstadt Freimann ist es nur ein Katzensprung.

Die Container hätten ihren ganz besonderen Charme entwickelt, sagt Matthias Nebel vom Studentenwerk München. "Mit einem Asylantenheim ist das nicht zu vergleichen." Der Vertrag wurde deswegen verlängert, die Container bleiben auch die nächsten Jahre.

Einst nur als Notquartier und Übergangslösung gedacht, inzwischen eine Art Traumwohnung für Studenten? Vor einem Jahr hat sich Thorsten aus Kaiserslautern den Container als neue Bleibe ausgesucht. Raus will er hier nicht mehr.

Mit 17 Quadratmetern Wohnfläche sind die Zimmer ein wenig größer als normale Wohnheimbuden, die Wartezeiten für ein Zimmer sind wesentlich kürzer und die Miete ist mit 160 Euro für einen Studenten erschwinglich. "Im Vergleich zu der teuren Wohnung in Schwabing, in der ich davor gewohnt habe, ist das Containerzimmer viel besser für mich geeignet", sagt Thorsten, der Japanologie studiert.

Jetzt darf er vier Jahre hier wohnen. "Von außen schauen die Container schlimmer aus als von innen", sagt der 22-jährige Student. Aber gewisse Abstriche müsse man trotzdem machen. "Die Toiletten sind oft in einem katastrophalem Zustand."

Yun Zhu wohnt seit einem Monat hier. Er kommt aus Shanghai. Seine Universität hatte vor der Reise nach München alles für ihn geregelt und den Container als seine neue Bleibe ausgesucht. Yun sagt: "Der Preis ist in Ordnung, der Container ein wenig zu weit von der Universität entfernt und der Komfort so mittelmäßig. Aber in Shanghai wohnen Studenten oft zu viert in einem kleinen Zimmer."

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