Strandbars:Sonne, Sand, Caipi - nur in München nicht

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Der Renner des Sommers: Überall in Deutschland haben Strandbars eröffnet, doch an die Isar passen sie angeblich nicht hin.

Von Marten Rolff

So wenig es auch bisher mit diesem Sommer zu gewinnen gab - einen Sommer-Sieger gibt es trotzdem: Die Strandbar hat offenbar jedem Wetter getrotzt und in diesem Jahr endgültig die deutschen Städte erobert. Irgendwie hat jetzt plötzlich jeder eine: Berlin und Hamburg sowieso, aber auch Köln, Frankfurt oder Düsseldorf und neuerdings sogar Stuttgart, Mainz und Schwerin. Mainz und Schwerin!

Strand-Feeling mitten in der Stadt: Berliner räkeln sich im Liegestuhl. (Foto: Foto: ddp)

Dort räkeln sich inzwischen die Mittel- und Kleinstädter im weißen Sand an Rhein und - wie hieß der andere Fluss noch gleich? Dort lassen sie sich den Schattenriss des örtlichen Fernsehturms auf den Bauch brennen oder ordern - um das Büro zu vergessen - in der Abendsonne Batida de Coco und Caipirinha von gelb-weiß gestreiften Liegestühlen aus. Und in München? Einzig an der Isar ist die Strandbar kein Thema - trotz der Euphorie um Renaturierung und Badewasserqualität. "Barpläne" seien mit dem Naturschutzgesetz nicht vereinbar heißt es bei der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde knapp.

Auch bei den Gastronomen hat das anfängliche Interesse an der Strandbar offenbar nachgelassen. "Schlange stehen an einem der wenigen Getränkestandln" sei an der Isar derzeit "der Höhepunkt des öffentlichen Auftritts" schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung im Juni. Was merkwürdig ist, handelt es sich doch bei der Stadt-Strandbar um eine Münchner Erfindung.

Export nach Asien

Christian Schulz ist Chef der Berliner "Strandbar-Mitte", und der 34-jährige Münchner war der erste "Gastronom", der vor zwei Jahren in einem Stadtzentrum Sand aufschütten ließ. Sein "Hexenkessel-Hoftheater" im zentralen Monbijou-Park an der Spree brauchte eine Bar und weil durch einen Hausabriss "sandige Fläche" frei geworden war, kam die Idee mit dem Strand auf. Die Behörden tolerierten, was eigentlich verboten war, inzwischen finanziert die Bar das Theater, und Schulz betreibt wegen des Erfolges nun auch den "Oststrand" an der Berliner Eastside-Gallery.

Im Oktober reist der 34-Jährige mit seinem ebenfalls aus München stammenden Barchef nach Shanghai. Die dortige Stadtverwaltung hat das Team eingeladen und angefragt, ob Schulz sein Konzept nicht auch in China umsetzen wolle.

Was nun wohl auch in Shanghai der Renner wird, würde Schulz allerdings nach München "niemals" exportieren. Authentizität sei das wichtigste an einem Event-Konzept. "Viel zu aufgesetzt" würde eine Strandbar an der Isar wirken, zu der "Sand im übrigen auch gar nicht passt", findet der 34-jährige Wahlberliner, der sich vor 15 Jahren entschied, "in die spannnendere Stadt zu ziehen". Die Isar sei mit ihren Kieseln am schönsten, glaubt Schulz, und habe das "auch gar nicht nötig". Der Strandbarhype sei eh schon fast vorbei, "18 Sandstrände" hat der Münchner bereits an der Spree gezählt. Vorherrschen würden inzwischen "lieblose Konzepte nach dem Motto: Ich schütt' hier Sand auf und werd' reich". Das könne es aber nicht sein, so Schulz.

Ohnehin haben die Münchner Behörden allen sandigen Plänen an der Isar einen Riegel vorgeschoben. Mit "geht nicht" hatte Oberbürgermeister Christian Ude mögliche Bar-Konzepte bereits im Mai kommentiert. Der Fluss und seine Auen sind Landschaftsschutzgebiet und die Landschaftsschutzverordnung lasse Gastronomie nicht zu. Viel mehr sei dazu eigentlich nicht zu sagen, erklärt Günter Suska, der Sprecher des Münchner Planungsreferates. Schon die Grillpolizei des Baureferates ist deshalb angehalten, bei der Genehmigung von Picknick-Runden zu unterscheiden zwischen erlaubten "Klaßppstühlen oder kleinen Sonnenschirmen" und "Tischen, Bänken, Liegen, Zelten, Schirmen, Planen, Pavillons oder Musikanlagen, die" - so liest Suska präzise am Telefon vor - verboten seien, weil sie "den Naturgenuss und den Charakter der Landschaft stören".

Gastronomen wie Michael Käfer oder Star-Koch Eckart Witzigmann, die noch im Mai mit Isar-Bars in Verbindung gebracht worden waren, scheinen daher ihre Pläne im Moment nicht hartnäckig weiter zu verfolgen. Derzeit sei dergleichen "nicht bekannt" heißt es jedenfalls sowohl bei Käfers PR-Agentur als auch im Münchner Büro von Witzigmann, der erst kommende Woche aus dem Urlaub zurückkehrt. Die Idee, eine Bar unterhalb des Maximilianeums zu eröffnen, sei dem Star-Koch "im Frühjahr wohl mal kurzzeitig untergejubelt worden", sagt eine Büro-Sprecherin Witzigmanns.

Kein "Remmidemmi" am Hofgarten

Wenn sich einer in der Stadt mit Konzepten für eine Bar auskennt, dann dürfte das wohl Charles Schumann sein. Der wiederum ist sich gar "nicht so sicher, ob München eine Strandbar braucht". Die Leute, findet Schuman, feierten schließlich auch ohne Thresen und Schirme an der Isar tolle Feste. Auf gar keinen Fall sollten sich "arrivierte Gastronomen an eine Strandbar wagen", warnt Schumann, das würde nur kommerziell und langweilig. Einzig in Frage kämen dafür "junge Leute mit guten Ideen".

Und ein wenig Sand mit ein paar Liegestühlen abseits der Isar? Im Hofgarten vielleicht? Wohl kaum. Ballermann-Flair vis á vis der Staatskanzlei wäre "ungefähr das Letzte", was Schumann sich vorstellen könnte. Komischerweise, sinniert der Kultbar-Inhaber, sei er gerade von Gästen darauf angesprochen worden, dass der Biergarten " recht spartanisch" sei. "Die wollten Remmidemmi", erzählt er. "Das wollen wir aber nicht."

© SZ vom 19.08.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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