Würmtal:Freche Sprüche

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Das Regionalwerk Würmtal attackiert den großen Energieversorger Eon - mit Erfolg. Denn obwohl auch der lokale Stromlieferant seine Preise erhöht hat, gewinnt er weiter Kunden. 1530 sind es inzwischen.

Michael Berzl

Jede Kilowattstunde kostet seit diesem Jahr etwas mehr - auch beim Regionalwerk im Würmtal. Foto: Büttner (Foto: dpa)

- Während den Kunden der Stadtwerke in München eine happige Preiserhöhung noch bevorsteht, verlangt das Regionalwerk im Würmtal schon seit Beginn dieses Jahres etwas mehr Geld für jede Kilowattstunde. Grund für die Verteuerung bei hunderten Energieversorgern im ganzen Bundesgebiet ist die höhere Umlage zur Finanzierung der Erneuerbaren Energien. "Wir schieben das eins zu eins durch und verdienen dadurch keinen zehntel Cent mehr", beteuerte der Geschäftsführer des Regionalwerks, Heinz-Leo Geurtsen, am Donnerstag in Gauting. Der Anstieg macht nach seinen Angaben 0,267 Cent pro Kilowattstunde aus.

Hauptkonkurrent des kleinen Unternehmens in kommunaler Hand, an dem die Gemeinden Gauting, Krailling und Planegg sowie die Stadtwerke München beteiligt sind, ist der Energieriese Eon. Das Unternehmen hatte schon im November seine Preiserhöhung zum Jahresbeginn angekündigt, was wiederum den Regionalwerk einen spürbaren Zulauf beschert hat. Tariferhöhungen bringen ein Sonderkündigungsrecht mit sich, das offenbar viele Eon-Kunden für einen Anbieterwechsel genutzt haben.

Zudem propagiert das Regionalwerk im Würmtal mit einer frechen und teilweise fast schon aggressiven Werbekampagne den Wechsel. Eon wird darin als "Platzhirsch" verspottet, das Kommunalunternehmen sieht sich in der Rolle des "Stromrebellen" und des "kleinen Davids", der gegen den übermächtigen Goliath kämpft. Solche Sprüche sind in Broschüren nachzulesen, die in hoher Auflage in den Rathäusern der beteiligten Gemeinden ausliegt; Plakate, auf denen ein röhrender Hirsch abgebildet ist, ergänzen die Kampagne.

Zugleich argumentiert das Regionalwerk mit nüchternen Zahlen, die ebenfalls in dem Kundenmagazin nachzulesen sind. So kann ein Vier-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen Stromverbrauch bei einem Wechsel vom bisherigen Grundversorger zur neuen Konkurrenz mit einer Ersparnis in einer Größenordnung von hundert Euro pro Jahr rechnen. Andere Anbieter sind sogar noch viel günstiger, wie ein Blick in das Vergleichsportal Verivox zeigt. Da taucht das Regionalwerk in einer Liste mit Tarifempfehlungen erst an 34. Stelle auf; noch nach Baywa und Tchibo.

Doch der Aspekt der regionalen Verankerung scheint auch eine Rolle zu spielen. Obwohl der Strom woanders billiger zu haben wäre, hat das Regionalwerk mittlerweile schon 1530 Kunden; und das sind viel mehr als sich Geschäftsführer Geurtsten erhofft hatte. Er hatte sich für den Zeitraum vom Start im vergangenen April bis zum Jahresende 1400 als Ziel gesetzt. Der unerwartete Zulauf hat inzwischen auch personelle Konsequenzen. In der Geschäftsstelle im Gautinger Bahnhof sitzen außer der ehemaligen Rathaussprecherin Charlotte Rieboldt nun auch zwei Teilzeitkräfte. "Wir hätte das sonst nicht mehr geschafft", sagte Geurtsen.

Zumal er sich in diesem Jahr auf wesentlich unerfreulichere Aufgaben konzentrieren muss als die Werbung um neue Kunden, die fast wie von selbst läuft. Im Stromhandel ist das Regionalwerk nur einer von vielen Anbietern; eigentliches Ziel ist aber die Übernahme des Stromnetzes in den drei beteiligten Würmtalgemeinden. Dabei ist jedoch mit erheblichen Widerständen von Eon zu rechnen. Die Gesellschafterversammlung des Regionalwerks hat daher im Dezember grundsätzlich entschieden, "dass wir gegen Eon vorgehen werden", wie Geurtsen sagte. Die juristischen Details werden gerade in der einschlägig erfahrenen Anwaltskanzlei Becker, Büttner, Held vorbereitet.

© SZ vom 04.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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