Streit im Oberland:Südring-Gegner zücken die rote Karte

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Der Autobahn-Südring sorgt für Zoff: Die Nord-Allianz will das Projekt nicht aufgeben. Doch bei ihrer Kundgebung stößt sie auf massive Proteste.

Florian Zick

So schnell konnte er gar nicht schauen, wie plötzlich zahlreiche Zeigefinger vor seinem Gesicht herumwedelten. Der Landtagsabgeordnete Peter Paul Ganzer (SPD) und weitere Südring-Befürworter sind am Donnerstagvormittag in Oberhaching von einer gut hundert Mann starken Gegendemonstration empfangen worden.

Heftige Wortgefechte und gegenseitige Beschimpfungen gingen der Veranstaltung voran, auf der die Nord-Allianz, dieser Zusammenschluss aus mehreren Gemeinden, die sich für einen Schluss des Autobahnrings einsetzen, bekannt geben wollte, dass sie das Südring-Projekt nicht aufgeben wird. Zur Demo waren auch die Südring-Gegner Folker Pätsch aus Planegg und Burkhard Gagzow aus Stockdorf gekommen. Sie gehen davon aus, dass Protest gegen eine neue Verbindung zwischen Lindauer und Salzburger Autobahnverbindung auch weiterhin notwendig ist. Schließlich führt die in einer Machbarkeitsstudie vorgeschlagene Trasse genau durchs Würmtal und in einem Tunnel unter Krailling hindurch.

Der Treffpunkt der Befürworter einer neuen Autobahnverbindung war denkbar provokant gewählt: Die Kugler-Alm in Oberhaching. Ganz in der Nähe liegt der berüchtigte Knotenpunkt K12, wo der Autobahnring laut Planung geschlossen werden könnte. Eine "absolute Frechheit" nannte Erna Pletschacher, die Vorsitzende des örtlichen Bundes Naturschutz, diese Ortswahl. "Die können sich gleich mal anschauen, was sie hier alles kaputtmachen", sagte Maximilian Artmann, grüner Gemeinderat aus Oberhaching. Richtig willkommen waren die Autobahn-Fürsprecher aber nicht. Ihr Eintreffen wurde begleitet von lautstarken Buhrufen.

Die Atmosphäre war emotional derart aufgeheizt, dass Sicherheitskräfte die Gaststätte abriegeln mussten. Drinnen wurde Ganzer dann als "einer der wenigen Aufrechten im Landtag" gefeiert. Und auch die in der Kugler Alm aufgehängten Plakate schlugen ganz andere Töne an: "Kein Südring - Nein zur Zerschneidung des Isartals", war auf den Transparenten der Demonstranten zu lesen. "Ja zum Umwelt-Tunnel!" stand nun auf den Spruchbändern im Konferenzsaal.

Dort sagte Ismanings Bürgermeister Michael Sedlmair (FW), der Organisator des Treffens, dass er mit einer solchen Gegen-Demonstration nicht gerechnet habe. Die Örtlichkeit sei ohnehin aus einem ganze anderen Grund gewählt worden. Die Nord-Allianz hat nämlich nun das Oberland mit ins Boot geholt. "Bislang haben wir uns ruhig verhalten und alles beobachtet", sagte Josef Niedermaier (FW), Landrat des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen. Weil die Anbindung an München für Wirtschaftsstandorte wie Garmisch-Partenkirchen so wichtig sei, wagte sich Niedermaier nun aber aus der Deckung. "Für eine vernünftige Entwicklung des Oberlandes brauchen wir den Südring", sagte er.

Die Oberland-Karte spielt die Nord-Allianz, die sich jetzt "Ring-Allianz" nennt, recht spät aus, zu einem Zeitpunkt, da der Südring politisch eigentlich schon fast wieder tot ist. Früher sei es aber nicht möglich gewesen, um die guten Beziehungen der Gemeinden an der Grenze zwischen den Landkreisen München und Wolfratshausen nicht zu gefährden, erklärte Niedermaier. Nun aber sind die Autobahn-Gegner aus dem Münchner Süden umzingelt von Befürwortern.

Der Südring bringe eine Zeitersparnis von sieben Millionen Stunden im Jahr, rechnete Hans Hammer vor, der Bezirksvorsitzende des Wirtschaftsbeirates Bayern. Sieben Millionen Stunden, die nicht im Stau gestanden wird. Aufgrund dieses "unheimlichen Wirtschaftsfaktors", wie Hammer sagt, habe sich die Industrie- und Handelskammer auch für den Ringschluss ausgesprochen. "Es kann nicht sein, dass alles am Münchner Norden hängenbleibt", ergänzte der Ökonom und forderte den Süden deshalb zu Solidarität auf.

Dort empfindet man die Verkehrsflut jedoch als hausgemachtes Problem des Nordens. "Die haben sich doch die riesen Gewerbegebiete selber hingestellt", schimpfte Max Artmann, der Grüne aus Oberhaching. Der lange Zwist dürfte also weiter andauern. "Wenn die nicht aufgeben, geben wir auch nicht auf."

© SZ vom 09.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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