Steinlechner-Werft:Geschäftsmänner und Segel-Cracks

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Von Lehrlingen zu Chefs: Christoph Hagenmeyer und Dominik Entzminger führen die 100 Jahre alte Steinlechner-Werft. Die Boote beschäftigen sie nicht nur beruflich.

Otto Fritscher

Es gibt sie auch im Fünfseenland, die Erfolgsgeschichten, in denen es einer vom Lehrling zum Chef schafft. Christoph Hagenmeyer und Dominik Entzminger sind zwei solche Typen. Sie haben als Bootsbauer-Lehrlinge angefangen, und nun gehört den beiden die Bootswerft Steinlechner. Das ist nicht nur die größte Werft am Ammersee, sondern auch eine der ältesten. Am heutigen Samstag wird von 11 Uhr an das hundertjährige Bestehen des Betriebs gefeiert. Mit einem großen Programm wie einer Oldtimer-Regatta, einem Museumshafen und einem Werftfest am Abend.

Christoph Hagenmayer (re.) und Dominik Entzminger sind die Chefs der Uttinger Steinlechner-Werft. Hier begutachten sie einen 22er-Schärenkreuzer. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

"Dass ein Unternehmen 100 Jahre alt wird, gibt es ja öfter. Aber die Werft ist die ganze Zeit auch auf dem gleichen Grundstück geblieben", sagt Hagenmeyer, 44, der seit 2005 das Geschäftsführer-Duo mit Entzminger, 33, bildet. Damals schied der letzte Steinlechner, Georg "Buarle", aus dem Betrieb aus und zog sich in den Ruhestand zurück.

Vier Generationen lang war das Unternehmen in Familienhand gewesen. Bei einem Rundgang über das Gelände, das eingezwängt ist zwischen dem Strandbad und dem Uttinger Dampfersteg, wird schnell klar, dass es eng her geht. Anlaufstelle für die meisten Kunden ist der Laden, in dem Ruderer, Segler und Motorbootfahrer alles für ihr Hobby finden. "Im Lauf der Jahre ist das Geschäft immer größer geworden", sagt Entzminger.

In der Werkstatt wird gehämmert, poliert und gefräst. "Maximal an fünf Booten können wir gleichzeitig arbeiten", erklärt Hagenmeyer. Wobei der größte Teil Reparatur- und Servicearbeiten sind. Neue Boote werden nur noch selten in Auftrag gegeben. Hagenmeyer weiß auch warum: "Jedes Boot braucht ein eigenes CE-Zertifikat. Dazu muss man jede Berechnung dokumentieren und ein detailliertes Handbuch erstellen, in dem etwa drinsteht, dass man sich an einer Seilwinde die Finger einklemmen kann." Vormals waren die Bootsbaumeister für einen Neubau verantwortlich: "Die haben gezeichnet, gebaut und dann geschaut, ob das Boot schwimmt oder kentert."

Aber die Restaurierung eines Klassikers kann genauso viel Geld kosten wie ein komplett neues Boot. Bis zu 70.000 Euro sind schon mal fällig, wenn alles möglichst originalgetreu sein soll. Aber es gibt natürlich manchmal auch noch echte, noch teurere Herausforderungen, wie den Umbau der Motoryacht Sanssouci. Das Zehn-Meter-Schiff wurde komplett entkernt und neu aufgebaut. "Flachbildschirme, Carrara-Marmor, Leder, alles vom Feinsten", erinnert sich Entzminger. "Den Geschirrschrank haben wir um das Geschirr herumgebaut", ergänzt Hagenmeyer. Über den Preis eines solchen Ausbaus spricht man natürlich nicht. Nur so viel noch: Die Sanssouci liegt auf dem Main in Frankfurt.

Entzminger und Hagenmeyer sind nicht nur vom Beruf her dem Wasser verbunden, sie sind auch engagierte Segler. Und sehr erfolgreiche noch dazu. Sie segeln schnelle, extrem nervöse Segelboote. "Wenn man in der falschen Viertelsekunde das Falsche macht, kentert man unweigerlich", beschreibt Entzminger, der Segeln für den "extremsten Teamsport schlechthin" hält. Die beiden Chefs sind nicht nur in der Weft ein eingespieltes Team, sondern auch bei Regatten. Kürzlich haben sie eine Klassiker-Regatta am Ammersee gemeinsam gewonnen. Beide haben schon mehrere Deutsche Meistertitel in verschiedenen Klassen eingeheimst. "Leider kommen wir viel zu selten zum Segeln", sagt Entzminger.

Denn die Steinlechner-Werft ist an der Wirtschaftskrise vorbeigesegelt. "Wir haben keinerlei Einbußen festgestellt", sagt Hagenmeyer. Was sich in einer seit Jahren steigenden Mitarbeiterzahl niederschlägt. Momentan sind es 16 - als Hagenmeyer anfing, waren es gerade mal drei oder vier. Auch beim Service haben die Bootseigner, die aus dem Münchner und Augsburger Raum kommen, heuer nicht gespart. 500 Boote lassen die Werft-Mitarbeiter im Frühjahr zu Wasser und holen sie im Herbst wieder heraus.

Zahlen, ob derer der Werftgründer Georg Steinlechner (1877 - 1958) nur staunen würde. Denn als Steinlechner, der sein Handwerk in der Bootswerft Rambeck in Starnberg gelernt hatte, 1910 seinen eigenen Betrieb gründete, gab es gerade mal fünf oder sechs Segelboote am gesamten Ammersee. Erst nach dem Ersten Weltkrieg begann der Aufschwung des Segelsports.

Übrigens: Am besten sollte man zu Steinlechner mit dem Boot kommen. Nicht nur, weil das Stil hat - sondern, weil es direkt am Ammersee-Ufer so gut wie überhaupt keine Parkplätze gibt.

© SZ vom 10.07.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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