Starnberg:Räudemilbe setzt Füchsen zu

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Erst fällt ihnen das Fell aus, dann verhungern die Tiere - durch die Seuche ist die Population bereits dezimiert worden.

Armin Greune

Für die Füchse wird es mit Sicherheit ein harter Winter. Seit fünf Jahren ist im Fünfseenland die Räude auf dem Vormarsch: Südlich des Ammersees sind die Populationen schon länger stark dezimiert, im Landkreis Starnberg wurde 2011 die bisherige Rekordzahl von 16 befallenen Tieren gemeldet. Gerade zur Ranzzeit von Dezember bis Februar kann sich die Seuche rasch ausbreiten, weil die Füchse bei der Paarung engen Kontakt suchen und der Partnersuche weitere Wanderungen auf sich nehmen. Zudem ist der Anteil der Tiere, die an der Krankheit eingehen, in der kalten Jahreszeit besonders hoch. Nachdem ihnen zunächst das Fell ausfällt und sie sich die Haut blutig kratzen, magern sie allmählich ab: "Innerhalb von drei bis vier Monaten verhungern und erfrieren die meisten von ihnen", berichtet Christof Janko, Wildbiologe der TU München. Er hat heuer ein Meldekataster angelegt, um mit Hilfe der Jäger mehr über die Ausbreitung der Seuche und die Sterblichkeitsrate der Füchse in Bayern zu erfahren. Eine erste Abfrage brachte 300 Fälle, die sich in Oberbayern auf den Raum südwestlich von München konzentrieren. Offenbar breitet sich die Epidemie vom südschwäbischen Raum her aus. Für den Landkreis Starnberg kann Janko konkrete Zahlen vorlegen, weil dort die erlegten Füchse im Rahmen des Fuchsbandwurm-Monitorings schon länger auch auf Räude untersucht werden. 2007 wurde ein Fall registriert, 2008 zwei, 2009 vier, 2010 13 und dieses Jahr bislang 16 - bei jeweils 90 bis 150 eingelieferten Füchsen pro Jahr sieht Janko in dieser Entwicklung "eine eher schleichende Ausbreitung". Höher sind die Befallsraten im Isartal zwischen Grünwald und Schäftlarn: Jankos Kollege Andreas König hat hier unter 21 Füchsen neun Räudefälle festgestellt. Und auch aus dem Raum Wolfratshausen und dem Würmtal häufen sich die Anrufe besorgter Bürger, die räudige Füchse beobachtet haben. Janko betont, dass - anders als beim Fuchsbandwurm - von den Räudemilben kaum Gefahren für Menschen und Haustiere ausgehen: Zum einen muss für eine Ansteckung ein intensiver Kontakt mit einem erkrankten Fuchs erfolgen, zum anderen sind wirksame Sprühmittel gegen die Parasiten im Handel. Am ehesten laufen noch Jagdhunde in Gefahr, sich beim Stöbern im Fuchsbau die Milben einzufangen, sagt König. Während die TU vor allem Meldungen aus den nördlichen Gemeinden des Landkreises erhält, die sich zur Bekämpfung des Fuchsbandwurms entschlossen haben, liegen aus dem Süden keine verlässliche Zahlen vor. Am besten kennt diese Reviere wohl der ehemalige Traubinger Förster Peter Stich: Seiner Einschätzung nach hatte die Räude im Raum südlich des Ammersees in den vergangenen zwei Jahren "jeden dritten oder vierten Fuchs erwischt". In jüngster Zeit habe er freilich kaum noch Tiere gesehen - was aber auch an ihrer Dezimierung durch die Seuche liegen könne. Ein Aussterben der Füchse sei dennoch nicht zu befürchten: "Solche Räudewellen haben wir immer wieder gehabt, die Populationen erholen sich", sagt Stich. Janko hat erfahren, dass die letzte Epidemie im Raum Starnberg etwa 30 Jahre zurückliegt. Vor allem im Sommer gäbe es Füchse, die sich nach einer Räudeattacke erholen, nur leichte Symptome zeigen oder vielleicht ganz immun sind. Er sieht die Räude als Dichteregulativ, wie es früher die Tollwut bei Füchsen war: Die Seuchen treten dann auf, wenn Reviere überbevölkert sind. Binnen ein bis drei Jahren können die Populationen dann wieder ein Maximum erreichen.

(Foto: N/A)
© SZ vom 08.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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