Städtepartnerschaft München-Harare:Freunde in schlimmen Zeiten

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Wie die Münchner den Menschen in Simbabwes Hauptstadt Harare helfen - und von Deutschland aus versuchen, am Stuhl des Diktators zu sägen.

Sarina Märschel

Die Münchner wollten nicht als reiche Onkel aus Europa ankommen, damals, als sie sich 1996 mit der aufstrebenden Großstadt im einstigen Musterland Simbabwe verbanden. Es sollte eine Partnerschaft auf Augenhöhe werden - dafür schien Harare bestens geeignet.

Anhänger des "Movement for Democratic Change" (MDC) nach der Wahl in Harare. (Foto: Foto: AFP)

Aus dem weiteren Aufstieg des Landes wurde aber nichts - der langjährige Machthaber Robert Mugabe richtete Simbabwe zugrunde. Nun hat seine Partei die Parlamentswahl verloren - ob Mugabe seinen Posten nach bald 30 Jahren an der Macht räumen muss, ist aber noch ungewiss.

Hep Monatzeder schaut genau, was in diesen Tagen in Harare passiert. Der Grünen-Politiker ist Vorsitzender des Vereins "München für Harare" und Münchens dritter Bürgermeister. Er setzt seine Hoffnung auf den demokratisch gesinnten Oppositionsführer Morgan Tsvangirai: "Es ist die Hoffnung, die ich schon seit Jahren habe, dass die Opposition in Simbabwe endlich eine Chance hat." Monatzeder wünscht sich, dass der Kampf um die Macht ohne Waffen ausgefochten wird. Die politischen Freunde in Harare seien bislang aber sehr besonnen - und selbstbewusst.

Es ist heute eine schwierige Städtepartnerschaft zwischen München und Harare, sagt Monatzeder. "Aber der Kontakt ist eng. Er ist über diese unmögliche Situation sogar noch enger geworden."

"Ich dachte, die müssen doch explodieren!"

Monatzeder liegen die Bürger der Hauptstadt besonders am Herzen. Bei seinem letzten Besuch im Jahr 2003 haben sie ihn beeindruckt: "Wie die Menschen in Harare mit dieser unmöglichen Situation umgehen! Ich dachte, die müssen doch explodieren!" Stattdessen legten die Bürger von Harare kommunale Gärten an, damit keiner in der Stadt verhungern muss.

Die Städte-Ehe zwischen München und Harare hat eine wechselvolle Geschichte. Das politische Klima in Simbabwe änderte sich mehrmals dramatisch.

Die Partnerschaft begann 1996: Die Oberbürgermeister von München und Harare unterzeichneten eine Vereinbarung über gegenseitige Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen den Städten. Eine Zusammenarbeit im technischen Verwaltungsbereich wurde angeleiert, es ging um Müllkompostierung und Wasserreinigung und Vertreter aus Harare besuchten die Stadtentwässerung.

Der Verein "München für Harare", dem Monatzeder vorsteht, wurde 1998 von Münchner Stadträten nach einem Besuch in Harare gegründet, bei dem die Räte Straßenkindern und Aidswaisen begegnet waren. Der private, ehrenamtlich arbeitende Verein sammelt Geld, um sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen in Harare Chancen auf ein besseres Leben zu bieten. Neben finanzieller Unterstützung vermittelt "München für Harare" persönliche Kontakte und Begegnungen.

Das politische Klima in Simbabwe änderte sich schon bald nach dem Besuch. 1999 beschloss der Münchner Stadtrat, die Beziehungen auf formeller Ebene einzufrieren. Zuvor hatte das Mugabe-Regime die Stadtregierung abgesetzt und keine neuen Kommunalwahlen zugelassen.

2002 fanden in Harare nach starkem Druck der Bürger wieder Wahlen statt - die Situation entspannte sich. Im April 2003 reiste Monatzeder mit einer Delegation des Münchner Stadtrats nach Simbabwe.

An dem Tag, an dem in Harare ein festlicher Empfang für die Münchner vorbereitet war und die Städtepartnerschaft wieder aufgenommen werden sollte, wurde der demokratisch gewählte Oberbürgermeister von Harare vom simbabwischen Minister für lokale Angelegenheiten aus fadenscheinigen Gründen vom Dienst suspendiert. "Wir waren damals das wichtigste europäische Gremium, das Simbabwe besuchte. Mugabe wollte deshalb ein Zeichen der Macht setzen", ordnet Monatzeder die Vorkommnisse rückblickend ein.

Angst vor Folter

Der Besuch hatte trotzdem positive Nachwirkungen: Hep Monatzeder hatte in Interviews, die in den Zeitungen von Simbabwe erschienen, den Kurs von Mugabe scharf kritisiert. "Die Leute waren froh: 'Endlich sagt einer was! Wir können ja nichts sagen, wir haben Angst vor Folter'", erinnert sich Monatzeder.

Weil die Kooperationsprojekte mit der Stadtverwaltung immer noch auf Eis liegen, versucht der Münchner Stadtrat, die demokratisch orientierten Kräfte und die bürgerschaftlichen Aktivitäten in Harare zu stärken und zu unterstützen.

So setzten sich die Münchner dafür ein, dass der vom Mugabe-Regime suspendierte Oberbürgermeister von Harare die Situation in seinem Heimatland in Berlin und Brüssel vorbringen konnte. In Simbabwe wird das nicht gern gesehen: Monatzeder hat seit Jahren nicht mehr versucht, ein Visum für Simbabwe zu erhalten: "Ich stehe dort auf der Liste", sagt er - der Liste der Unerwünschten. Solange es in Harare keinen demokratisch gewählten Ansprechpartner gibt, möchte er das Land aber sowieso nicht besuchen.

Trotz der schwierigen politischen Situation sind die Verbindungen eng: "Wir haben die persönlichen Beziehungen vor allem über das Internet und anfangs noch über die politischen Stiftungen aufrecht erhalten", erzählt der Bürgermeister.

Hilfe für ein armes Land

Seit die Zusammenarbeit zwischen den Stadtverwaltungen nicht mehr möglich ist, hat auch das karitative Engagement laut Monatzeder an Bedeutung gewonnen. Die Not in Simbabwe wurde in den vergangenen Jahren immer größer - inzwischen hat das Land die höchste Inflationsrate weltweit. 80 Prozent der Simbabwer sind ohne Arbeit. In der ehemaligen Kornkammer Afrikas hungern die Menschen.

Der Verein "München für Harare", dem Stadträte aus unterschiedlichen Fraktionen angehören, unterstützt unter anderem das Projekt "Glen Forest Centre". Die karitative Einrichtung betreibt auf einem Geländer am Stadtrand von Harare eine Schule und einen Kindergarten, es werden Kurse für Jugendliche und Erwachsene zur Alphabetisierung, für handwerkliche Ausbildung und Gesundheitsaufklärung angeboten.

"München für Harare" unterstützt Glen Forest nicht nur mit Spenden. In München werden Textilien verkauft, die in Glen Forest hergestellt werden - die Einrichtung hat damit eine eigene Einnahmequelle. Junge Münchner arbeiten immer wieder für einige Monate in der karitativen Einrichtung in Harare mit, Mitarbeiter von Glen Forest kommen zu Praktika nach München.

"Am Anfang waren alle ganz euphorisch" erinnert sich Monatzeder an den Beginn der Beziehungen zwischen Harare und München. "Jetzt ist nur noch die Hilfe für die Menschen geblieben." Der Bürgermeister hofft nun auf eine Wende: München würde gerne mithelfen, in Harare ein demokratisches System auf kommunaler Ebene aufzubauen. Vielleicht kann die Stadt bald damit beginnen.

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