Stadtführung:Digital durch München

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Im digitalen "City Guide" werden Stadtplan, Fremdenführer und Ausgehtipps für die Stadt vereint. Hotels vermieten das Gerät bereits an Touristen.

Eva Thöne

Am winterlichen Rosenheimer Platz bibbert eine Gruppe spanischer Touristen in der Kälte, auf einem zerfledderten Stadtplan suchen sie Orientierung. Ein Münchner steht daneben - und beobachtet sie interessiert. "Mit meinem City Guide wäre ihnen das nicht passiert", ist Peter Nier überzeugt. Denn dieser digitale Reise- und Stadtführer, den Nier mit seiner Agentur TX Event Promotion seit kurzem vermarktet, versorgt Touristen "nicht nur mit Informationen zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in und um München".

Peter Nier packte Stadtrundfahrt, Stadtplan und Fremdenführer in ein Gerät. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Er erkläre ihnen anhand eines eingebauten Navigationssystems auch, wie sie zu Fuß, per Fahrrad oder Auto zu den Bavaria-Filmstudios, zur Maximilianstraße oder zum Hauptbahnhof kommen, erklärt Nier. Man habe somit "Stadtrundfahrt, Stadtplan und Fremdenführer in einem". Zusätzlich zu einer Datenbank mit Adressen von Restaurants, Cafés, Bars, Theatern und Kinos stellt der City Guide die wichtigsten Münchner Sehenswürdigkeiten ausführlich in Übersichtstexten, dreiminütigen Filmen und Panorama-Ansichten vor. "Das soll die Touristen heißmachen auf mehr", hofft Nier.

Bedient wird der City Guide über einen Touchscreen, wechseln kann man zwischen Navigation und dem Hauptmenü mit einem Zeigestift - an die simpel gehaltene Bedienung gewöhnt man sich schnell. Nur manchmal macht sich bemerkbar, dass der City Guide auf Grundlage eines Personal Digital Assistant (PDA) entwickelt wurde. So kann es dem Benutzer durchaus passieren, dass er beim Wechseln zwischen Stadtkarte und Reiseführer versehentlich in einen Kalender gerät, der ihm mitteilt, er habe heute keine Termine.

Laut Nier kostete die Entwicklung des City Guides für München rund 20 000 Euro. Bei 120 Münchner Hotels fragte der Vertriebsleiter an: im Hilton, im Mandarin Oriental und sogar bei der Stadt München selbst - keiner zeigte zunächst Interesse an dem digitalen Stadtführer. Zu kompliziert seien "die bürokratischen Strukturen bei solchen Entscheidungen, zu schwierig die wirtschaftliche Lage im vergangenen Jahr", so Nier. Bis es dann doch klappte. Seit November 2009 aber können sich Gäste des Le Meridien am Hauptbahnhof den digitalen Reiseführer für zehn Euro einen Tag lang ausleihen.

"Wir wollten einfach was Neues machen", begründet Hotelsprecherin Annette Stich die Entscheidung für den City Guide. Auch die große Sprachauswahl mit beispielsweise Arabisch sei ausschlaggebend für die Entscheidung gewesen. Bisher habe das Le Meridien den Reiseführer zwar erst rund 15-mal vermietet - man erhoffe sich aber im Frühling größeren Zulauf, da dann auch mehr Touristen die Stadt zu Fuß erkunden werden.

Der "City Guide" führt digital durch München. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

"Bisher hat es auch erst eine Reklamation gegeben", erinnert sich Nier. Ein Tourist habe im Hofbräuhaus vor lauter Bierseligkeit nicht nur die Zeit vergessen, sondern auch, den City Guide in den stromsparenden Standby-Modus zu stellen - die Batterie machte schlapp, der Heimweg war schwierig. Mittlerweile bekämen die Touristen aber einen Ersatz-Akku mit auf die Tour, mit dem der City Guide bis zu 15 Stunden benutzbar sei.Für einen ortsfremden Touristen, der möglichst unkompliziert die wichtigsten Münchner Sehenswürdigkeiten besichtigen will, ist der City Guide somit eine interessante Alternative. Gleichzeitig wirkt der digitale Reiseführer inmitten des Hypes um Smartphones und der zugehörigen Flut an Applikationen jedoch schon wieder veraltet.

Mit einer zusätzlichen Gerätevariante, die aber noch nicht im Einsatz ist, könnte ein Tourist mit einer Flatrate-Karte über die Telefonanlage seines Hotels telefonieren und, sofern das Hotel über ein entsprechendes WLAN verfügt, im Internet surfen. Viele Reisende mit Smartphone werden sich ihre Stadtführung aber in Zukunft vermutlich selbst individuell im Internet zusammenstellen und sich zu den Sehenswürdigkeiten mit einer Navigationssoftware leiten lassen.

Auch kann ein Ausflug mit dem City Guide ganz plötzlich und unerwartet zu Ende sein. Denn wenn der digitale Stadtführer auf dem Weg zum Hauptbahnhof in der Schwanthalerstraße auf einmal kein Satellitensignal mehr empfängt, steht man als Ortsfremder plötzlich verloren mitten in München und wünscht sich nur eins: einen zerfledderten Stadtplan aus Papier. Oder einen ortskundigen Münchner, der Auskunft gibt.

© SZ vom 30.01.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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