Münchner Rennverein:Verstimmung über den Vorreiter

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"Ich laufe doch hier nicht mit der Kreissäge durch": Norbert Poth, der neue Präsident des Münchner Rennvereins, sorgt intern für Unmut.

Julian Galinski

Zwei Tribünenlautsprecher auf der Galopprennbahn in Riem waren ausgefallen, und das mitten am Sonntagnachmittag während des Renntags. Die Lösung: Harald Schneider verständigen. Der scheidende Technische Leiter des Münchener Rennvereins (MRV), der ein letztes Mal als Mädchen für alles mit seinem Funkgerät am Hosenbund über die Anlage schwirrte, nahm sich umgehend des Problems an. Ende August wird Schneider den MRV verlassen, seinen Nachfolger Christian Czachary lernt er gerade noch an. Der Wechsel von Schneider zu Czachary ist ein Symbol für den durch Präsident Norbert Poth veranlassten Wandel, der auch Opfer fordert.

Zuletzt erfreute sich der Münchner Rennverein hoher Zuschauerzahlen. Doch die Wetteinsätze blieben niedrig. Und intern brodelt es. Das liegt auch am personellen Umbruch. (Foto: Stephan Rumpf)

16 Jahre lang war Schneider auf der Riemer Galopprennbahn tätig, war Ansprechpartner für die Aktiven, hat sich um Mietobjekte gekümmert, Pressemitteilungen versandt, und wenn er als Hausmeister gefragt war, hat er Lautsprecher und alles andere repariert. Ins Anforderungsprofil des Ende April gewählten Poth aber passt er nicht mehr. Der umtriebige 70-jährige Unternehmer, der gleich zu Beginn seiner Amtszeit ankündigte, "Seilschaften" im MRV ausfindig machen und kappen zu wollen, erachtete Schneider und eine Sekretärin als zu langsam. Sie fühlten sich offenbar nicht mehr gewollt und kündigten.

"Ich verspüre keine Wehmut", sagte Schneider an seinem letzten Arbeitstag, genaue Gründe wollte er allerdings nicht mehr nennen, nachdem er vor einigen Wochen schon einmal durch den Vorwurf, Poth sei "undemokratisch" ins Amt gekommen, dessen Missmut auf sich zog. Poth selbst betont: "Ich laufe doch hier nicht mit der Kreissäge durch. Ich habe niemanden entlassen."

Es war ein geradezu typischer Renntag am Sonntag. Entsprechend dem Motto waren viele der etwa 10.000 Zuschauer in Tracht erschienen, eine Blaskapelle spielte, die Menschen schlenderten gut gelaunt in der Sonne umher. Der Wettumsatz blieb trotzdem wieder einmal bescheiden, und auch die feinen Missstimmungen im Vorstand des MRV waren spürbar.

Generalsekretär Kurt Zwingmann, 64, dessen Befugnisse von Poth eingeschränkt wurden, verwies eine Gesprächsanfrage erst an Präsident Poth, ehe er sich doch Zeit nahm und sehr vorsichtig von einem "funktionsfähigen Team" sprach, das der Vorstand gerade aufbauen müsse. Zwingmann befindet sich derzeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Verein. Wie lange er tatsächlich noch bleibt, "werde ich nach Saisonende entscheiden".

Sogar um den möglichen Rücktritt von Vorstandsmitglied Stefan Oschmann ranken sich Gerüchte. Tatsächlich haben Poth und Oschmann, der Gespräche nur nach Absprache mit dem Präsidium führen möchte, eine Vereinbarung: Ist Oschmann, der im MRV für das Sponsoring zuständig ist, durch seinen Hauptberuf als Manager in der Pharmabranche zu sehr ausgelastet, kann er jederzeit zurücktreten. "Ich habe von ihm diesbezüglich keinerlei Mitteilung erhalten", sagt Poth.

Aber auch wenn der Präsident die Mitglieder und Angestellten in Riem deutlich polarisiert: Er hat in seiner bisherigen Amtszeit von wenigen Monaten schon Erfolge vorzuweisen: Jüngst hat Poth mit dem Direktorium für Vollblutzucht, dass er auf seiner Antrittsrede im April noch scharf kritisierte, wieder Frieden geschlossen - und ein Gruppe-II-Rennen für die Saison 2011 festgemacht. Zudem wird der MRV den gut besuchten Trachten-Renntag nun in jedem Jahr stattfinden lassen, der Arbeitstitel des anglophilen Präsidenten lautet "Wiesn-Warm-up".

Für den ehemaligen Jockey Christian Czachary, 39, Poths Wunschbesetzung, ist es kein einfacher Zeitpunkt, ins Geschäft einzusteigen. Der MRV kämpft, vorsichtig optimistisch zwar, letztlich ums Überleben und ist sich innerlich uneins. "Ich werde mich absolut neutral verhalten", sagt Czachary.

© SZ vom 17.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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