Kickboxen: Christine Theiss:Im kurzen Rock gegen Vorurteile

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Klug, erfolgreich, sexy: Am Samstag verteidigt die Münchner Kickboxerin Christine Theiss ihren WM-Titel - und ihren Sport. Erstmals schaut der promovierten Ärztin dabei ein großes Publikum zu.

Ralf Tögel

Es könnte der Durchbruch werden. Nicht für Christine Theiss. Die 30-jährige Kickboxerin sammelt Weltmeistertitel wie andere Menschen Briefmarken. Sondern für ihren Sport, dem seit Jahren ein Imageproblem anhaftet.

Quantensprung: Dank Christine Theiss nimmt erstmals ein großer Fernsehsender Kickboxen ins Hauptprogramm. (Foto: oh)

Am kommenden Samstag könnte Kickboxen einen gewaltigen Popularitätsschub erfahren. Wenn Felix Sturm, einer der bekanntesten deutschen Boxer, nach einjähriger Kampfpause seinen Weltmeistertitel im Mittelgewicht verteidigt, wird Theiss den Vorkampf bestreiten, der zeitversetzt nach dem Hauptkampf im Fernsehen zu sehen sein wird. Bisher war Kickboxen nur im Spartenkanal zu sehen, während der Woche und spät abends.

Die Übertragung an einem Samstag zur besten Sendezeit (Sat1, 22.15 Uhr) soll erstmals ein großes Publikum ansprechen. Und niemand wäre besser dafür geeignet als Christine Theiss, die promovierte Ärztin, Gewinnerin des bayerischen Sportpreises, die attraktives Äußeres mit eloquentem Auftreten verbindet.

Wer sich mit Theiss unterhält, bekommt Druckreifes zu hören. Aber auch Kritik an den gängigen Vorurteilen. Sie bezeichnet Kickboxen als "einen Sport wie jeden anderen auch", nicht als Ventil für dumpfe Schläger. Auf den Begriff Milieu reagiert Theiss allergisch. Die Fernsehübertragung soll helfen, dem Rest der Nation die Augen zu öffnen. "Es ist im Prinzip das, worauf wir viele Jahre lang hingearbeitet haben." Mit wir meint Theiss das Team, Manager und Trainer Mladen Steko sowie dessen Bruder Pavlica.

"Ich muss eine eierlegende Wollmilchsau sein"

Die Stekos, die zwei Fitnessstudios betreiben, sind in der Münchner Kampfsportszene ein Begriff, Theiss eine Berühmtheit. Nun wird die ganze Republik in Angriff genommen. Ob es klappt, ist freilich offen. "Es kann ein riesengroßer Schritt werden, aber das kann man vorher nicht sagen." Das Boxen sei auch nicht immer da gewesen, wo es jetzt ist, sagt die 30-Jährige, erst Henry Maske habe das Faustgefecht salonfähig gemacht. "Wir bekommen jetzt die Plattform, vielleicht schaffen wir das auch."

Die Unterstützung jedenfalls war nie größer, die Werbemaschine des Fernsehens ist angelaufen. Mit Pop-Ikone Kim Wilde drehte Theiss vergangene Woche einen Trailer, mit dem der Kampf promotet wird. Von der britischen Sängerin stammt die Einlaufmusik, von einer befreundeten Modedesignerin das neue Outfit. Erstmals erlaubt der Weltverband, dass Theiss in einem kurzen Röckchen kämpfen darf; bisher waren lange Hosen vorgeschrieben. "Toll" findet sie das, ein weiteres Mosaiksteinchen.

Natürlich weiß die Ärztin, dass das sexy Outfit Strategie ist, das nimmt sie gerne in Kauf. Vor zwei Jahren ließ sie erotische Aufnahmen von sich machen. Sie sagt: "Ich bin Vorreiterin, ich muss eine eierlegende Wollmilchsau sein." Im Dienst ihres Sports ist Theiss weitgehend schmerzfrei, was nicht nur mit der Adrenalinausschüttung zu tun hat. "Das gehört dazu. Ich kann dagegen ankämpfen oder es nutzen. Ich hoffe, dass sich Kickboxen irgendwann emanzipiert."

Zwei Jahre gibt sich die 30-Jährige dafür noch Zeit, dann läuft ihr Vertrag mit den Steko-Brüdern aus. "2012 ist Schluss", sagt Theiss. Dass sie diesen Termin so früh öffentlich macht, ist Kalkül. So will sie verhindern, wieder schwach zu werden. Was danach kommt? Mehrere Schienen seien denkbar, Medizin, Medien, Sport. Die Familienplanung aber stehe im Vordergrund. Theiss hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie Kinder haben will. Momentan besteht die Familie aus ihrem Ehemann Hans und Hündin Tiffany. Ein Boxer, was sonst.

© SZ vom 02.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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