Deutsche Eishockey Liga:Münchner Mauerspechte

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Einmal durchpusten: Derek Joslin (rechts) und der EHC München mussten geduldig bleiben. Dann fielen die Tore zum Sieg gegen die Grizzlys Wolfsburg (links Valentin Busch). (Foto: Heike Feiner/Imago)

Der dezimierte Meister EHC Red Bull rennt immer wieder an, bis die ersatzgeschwächten Grizzlys Wolfsburg, Finalgegner von 2016 und 2017, Lücken preisgeben. Im letzten Drittel trifft Andres Eder zwei Mal.

Von Christian Bernhard, München

Vor nicht allzu langer Zeit rief Wolfsburg beim EHC Red Bull München höchste Alarmbereitschaft hervor. Zweimal, 2016 und 2017, standen die Münchner den Niedersachsen im Finale der Deutschen Eishockey Liga gegenüber, und obwohl beide Serien deutlich an den EHC gingen, war der Respekt vor Wolfsburg riesig. Aktuell sind die Grizzlys in einer Situation, in der das Finale unendlich weit weg scheint: Seit Wochen stecken sie im Tabellenkeller fest. Trotzdem tat sich der EHC am Sonntag lange schwer, die drei Punkte einzuheimsen. 5:1 (1:0, 1:1, 3:0) hieß es am 24. Spieltag schließlich, es war der siebte Münchner Sieg in den vergangenen acht DEL-Heimspielen. Durch den Dreier verteidigte der Meister Platz zwei vor Augsburg (4:0 gegen Krefeld) und rückt bis auf drei Zähler an Mannheim (2:3 gegen Berlin) heran. "Wolfsburg hat sich hinten rein gestellt und gemauert, am Ende sind die Dinger dann rein gefallen", sagte Doppeltorschütze Andreas Eder.

Nach dem 1:3 am Freitag in Düsseldorf hatte EHC-Trainer Don Jackson Kevin Reich ins Tor beordert, Nationaltorhüter Danny aus den Birken nahm auf der Bank Platz. Im Angriff fehlte neben den verletzten Michael Wolf, Mads Christensen, Patrick Hager und Jason Jaffray auch Maximilian Daubner. Der 21-Jährige hatte sich im Training eine Oberkörperverletzung zugezogen. Verteidiger Ryan Button lief daher als Angreifer in der vierten Sturm-Formation auf. Wolfsburgs Trainer Hans Kossmann hätte solch eine Personalkonstellation wohl mit Handkuss genommen, er musste gleich auf zehn Spieler verzichten. Der ehemalige Münchner David Leggio war einer der fitten Spieler, anders als auf dem Spielberichtsbogen angekündigt hütete aber Gerald Kuhn das Gäste-Tor.

Zu Beginn war wenig geboten, erst eine Strafzeit gegen Wolfsburg brachte Schwung aufs Eis. Bis auf einen harten Schuss von Kapitän Yannic Seidenberg, den Kuhn entschärfte (6.), ließ das statistisch schlechteste Unterzahlspiel der Liga allerdings kaum etwas zu. Wenige Sekunden nachdem die Strafe abgelaufen war, bediente John Mitchell aber Trevor Parkes, und der zimmerte die Scheibe präzise zum 1:0 unter die Querlatte (8.).

Von den Gästen kam offensiv lange Zeit nichts. Knapp 13 Minuten lang gelang ihnen nicht einmal ein Schuss auf das Gehäuse von Reich. Der erste war dann allerdings gleich sehr gefährlich, weil Derek Joslin die Scheibe hinter dem eigenen Tor verlor und Cole Cassels frei vor Reich zum Abschluss kam. Der Münchner Torwart war aber zur Stelle und bewahrte dem Meister die Führung. Alles andere wäre bei einem Torschussverhältnis von 19:2 nach dem Startdrittel auch nur schwer zu erklären gewesen. Kuhn hielt sein Team mit mehreren starken Paraden, speziell in Münchner Überzahl, im Spiel. "Es war wichtig, das Spiel eng zu halten", sagte Wolfsburgs Nationalspieler Gerrit Fauser nach den ersten 20 Minuten, viel mehr war bis dahin für den Tabellen-Vorletzten nicht drin.

Daran änderte sich auch im Mitteldrittel nichts. Die Münchner kurvten nun im Wolfsburger Drittel umher, als hätten sie ständig mindestens einen Spieler mehr auf dem Eis. Da sie diesen faktisch nicht hatten, nahm Kossman nach fünf Minuten eine Auszeit - er hatte genug vom Münchner Kreiseln. Jackson machte nicht einmal die Anstalt, seinen Spielern etwas mitzuteilen, für ihn sprachen die Statistiken. Etwa das Schussverhältnis, das nach 28 Minuten bei 24:2 stand. In Toren stand es allerdings weiterhin nur 1:0 für den Meister. Und das auch nur bis Minute 31, als Jason Jaspers den völlig überraschenden Ausgleich erzielte. All die Münchner Überlegenheit war mit dem einen Schuss weg gewischt. "Schießen, einfach schießen", ertönte es aus der Münchner Kurve. Das 2:1 für den EHC fiel aber, weil Maximilian Kastner toll quer legte, statt selbst abzuziehen. So musste Mark Voakes, der bis zum Sommer ein Wolfsburger gewesen war, die Scheibe nur noch über die Linie schieben (39.). Als Andreas Eder das 3:1 nachlegte (46.), war die Partie gefühlt entschieden - nach Jakob Mayenscheins 4:1 (55.) war sie es. Eder legte sogar noch einen Treffer drauf (57.).

Am Freitag war der EHC in Düsseldorf vieles schuldig geblieben. Beim 1:3 traf für die Münchner nur Konrad Abeltshauser, der hinterher beklagte: "Wir haben viel zu viele Strafzeiten genommen." Gegen Wolfsburg steigerte sich der Meister in diesem Bereich, nur Andrew Bodnarchuk musste auf die Strafbank. Diese Disziplin käme dem EHC sicher auch am Dienstag (19.30 Uhr) zupass. Dann tritt er erneut zu Hause an, allerdings nicht in der DEL, sondern in der Champions Hockey League (CHL). Im ersten CHL-Viertelfinalspiel der Klubgeschichte sind die Malmö Redhawks aus Schweden zu Gast. Das sollte alarmierend genug sein.

© SZ vom 03.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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