American Football:Die O-Line macht Kopfschmerzen

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"Schweres Jahr": Die Munich Cowboys gehen so bescheiden wie selten in ihre neue Football-Saison.

Von Christoph Leischwitz, München

Ach ja, die O-Line. Wenn sie bei den Munich Cowboys über diesen Mannschaftsteil sprechen, dann hört es sich oft schon an wie "Oh nein", denn die O-Line ist seit Jahren unterbesetzt. "Darauf hatten wir den größten Fokus in der Vorbereitung", sagt Cheftrainer Garren Holley, "und es hat uns auch die meisten Kopfschmerzen bereitet."

Am Samstag (16 Uhr, Dantestadion) beginnt für die Münchner die neue Bundesliga-Saison mit einem bayerischen Derby gegen die Kirchdorf Wildcats. Selten hatten sich die Verantwortlichen so bescheiden angehört wie diesmal. "Ein schweres Jahr" prognostiziert Präsident Werner Maier, wobei er der Mannschaft durchaus das Erreichen der Playoffs zutraut, "wenn alle gesund bleiben". Mit "alle" meint er vor allem die Spieler der Offensivreihe zu Beginn eines Spielzugs, ein paar Neue konnte man ja doch verpflichten, "aber viel passieren darf da nicht", so Maier.

"Wir versuchen im Hintergrund alles zu tun, damit vorne die Show läuft", sagt der Präsident

In der Vergangenheit waren immer wieder Schlüsselspieler ausgefallen. Diesmal gibt es zumindest eine Hintertür: Die Wechselfrist wurde vom Verband verlängert; wenn im Juni in Österreich und Italien die Saison beendet ist, können Interessierte mit dem nötigen Kleingeld entstandene Lücken füllen. Ob die Cowboys dieses Geld haben, ließ Maier erst einmal offen. Man sei ständig auf der Suche nach Sponsoren, dabei aber zuletzt ein wenig aufgehalten worden. Mitte Februar wurde der frühere Spieler, der seit zwölf Jahren dem Verein vorsteht, wiedergewählt. Ohne einen Schatzmeister - die Position war eine Weile unbesetzt - hätte er sich aber nicht wiederwählen lassen: zu viel Arbeit. Umgekehrt gab es aber auch Misstöne und einen jungen Gegenkandidaten. "Wir versuchen im Hintergrund alles zu tun, damit vorne die Show läuft", sagt Maier. Es ist ihm anzuhören, dass das Arbeiten im Hintergrund zuletzt nicht leicht war. Maier fühlt sich ein wenig wie ein O-Liner auf Funktionärsebene: Unauffällig, und zugleich in seiner Bedeutung unterschätzt.

Auf dem Rasen hat die so genannte O-Line vor allem zwei Aufgaben: Sie soll den Quarterback beschützen, wenn dieser Pässe werfen will, und sie soll Gegner wegschaufeln, wenn der Runningback eine Laufgasse benötigt. Vor zwei Wochen waren einige O-Liner noch im Urlaub, als die Cowboys ein Testspiel bei den Hildesheim Invaders verloren - mit 0:42. Null Punkte für die Offensive um den neuen, sehr erfahrenen Co-Trainer Antonio Moore.

"Es gab Druck", sagt Brady Bolles trocken. Der neue Quarterback, der in seinem ersten Spiel für die Cowboys wenig Zeit bekam, Passempfänger zu finden, gibt sich trotz allem zuversichtlich. Man müsse noch recht viel improvisieren, das gelte auch bezüglich der gegnerischen Abwehr im ersten Pflichtspiel: Es gibt kein Videomaterial von den Wildcats. Aber Bolles wusste, was ihn in München erwartet.

Dass er oft Blake gerufen wird, das verfolge ihn schon sein ganzes Leben. "Meine Mutter hat das gemacht, meine Lehrer auch, und jetzt also bis nach München", sagt Brady Bolles über sich und seinen älteren Bruder - die Eltern hatten eben den Spleen, allen vier Geschwistern dieselben Initialen zu verpassen (BB). Blake Bolles ist fünf Jahre älter und spielte vor fünf Jahren für die Cowboys, heute arbeitet er mit Freunden auf einer Farm in Kalifornien. Brady ist ein ähnlicher Spielertyp, der auch selbst viel mit dem Ball in der Hand laufen kann. "Blake ist ein wenig schneller, dafür sind meine Finten sind ein bisschen besser", sagt der 26-Jährige.

Auf der Quarterback-Position haben die Cowboys diesmal vorgesorgt. Bolles ist zwar erst einmal die unumstrittene Nummer eins, hätte aber in Manuel Engelmann einen erfahrenen Vertreter, der zunächst als Blocker und Passempfänger auflaufen wird. Noch offen ist, welcher Runningback das Laufspiel dominieren soll. Cheftrainer Holley sagt, dass man 2018 zu ausrechenbar für den Gegner gewesen sei, weil zu wenig gelaufen und oft gepasst wurde. Die Cowboys laufen Gefahr, dass dies heuer ebenso sein wird.

Vergangenes Jahr hatten die Cowboys das Heimspiel gegen die Wildcats Sekunden vor Schluss mit einem Punkt Unterschied verloren. Der letztjährige Aufsteiger sieht sich heuer verstärkt. "Es wäre immens wichtig, zum Auftakt mal wieder ein Heimspiel zu gewinnen", sagt Präsident Maier. Das gelang zum letzten Mal 2013, also sogar noch vor Bolles, dem Ersten.

© SZ vom 04.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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